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Staatsbegräbnis für Trajkovski in Mazedonien

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Berichte Nord-Mazedonien
In der mazedonischen Hauptstadt Skopje findet heute das Staatsbegräbnis für Präsident Boris Trajkovski statt. Trajkovski ist vergangene Woche bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe der Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina ums Leben gekommen. Die Absturzursache ist noch unklar. Aufschluss darüber erhofft man sich von der Auswertung der Flugschreiber, die in Deutschland stattfinden wird. Auch die Identifizierung der Opfer dauerte Tage, daher findet das Staatsbegräbnis erst heute statt. An den Trauerfeierlichkeiten in Skopje nehmen Spitzenpolitiker des ehemaligen Jugoslawien und führende Vertreter aus der EU und ihren Mitgliedsländern teil. Österreich ist durch Bundespräsident Thomas Klestil vertreten. Über das Staatsbegräbnis und die Folgen des Todes von Präsident Trajkovski für Mazedonien berichtet aus Skopje Christian Wehrschütz

Tausende Mazedonier haben bereits gestern von ihrem verstorbenen Präsidenten Boris Trajkovski Abschied genommen, dessen Sarg in der Eingangshalle des Parlaments aufgebahrt ist. Zum Begräbniszug selbst, der vom Parlament zum Friedhof in Skopje führen wird, dürften etwa 200.000 Mazedonier kommen. Teilnehmen werden auch Staats- und Regierungschefs aus 24 Ländern, wobei EU-Kommissionspräsident Romano Prodi die Grabesrede halten wird. Trajkovskis Ziel war es stets, sein Land in die EU und die NATO zu führen. Bei bürgerkriegsähnlichen Gefechten zwischen Albanern und Mazedoniern vor mehr als zwei Jahren spielte er eine wichtige Rolle bei der Eindämmung des Konflikts. Dieser konnte mit Hilfe von NATO und EU durch das Friedensabkommen von Ohrid beendet werden. Doch Trajkovskis Rolle in dieser kritischen Zeit ändert nichts daran, dass die Kompetenzen des Präsidenten gering sind. Die Macht liegt beim Regierungschef, beim Sozialdemokraten Branko Cervenkovski, der eine Koalition mit der albanischen Partei DUI führt. Daher sagt auch die DUI-Abgeordnete Teuta Arifi zur Lage in Mazedonien:

„Ich denke, dass der Tod des Präsidenten die politische Lage nicht destabilisieren wird, weil das Land politische stabil ist und alle Institutionen und die Regierung funktionieren. Außerdem sind die Verfassung und das Friedensabkommen von Ohrid eine sehr starke Basis für die weitere Stabilisierung des Landes.“

Doch die Umsetzung des Friedensabkommens erfordert eine aufwendige Dezentralisierung des Staates und auch die Stabilisierung ist nur möglich, wenn die wirtschaftliche und soziale Lage besser wird. Denn nationale Fragen sind nicht mehr die Hauptsorgen der Bevölkerung, wie die stellvertretende Ministerpräsidentin Radmila Seserinska betont:

„Im Jahre 2003 zeigte eine Aufrage, dass 80 Prozent aller Bürger die Sicherheitslage und politische Turbulenzen als das größte Problem ansahen. Ein Jahr später zeigte die gleiche Umfrage, dass sich die öffentliche Meinung geändert hatte. Wiederum 80 Prozent aller Bürger gaben an, dass die wirtschaftliche Lage das größte Problem ist.“

Gerade dieses Problem ist noch ungelöst. Zwar ist die Inflation relativ niedrig, doch fast jeder vierte Bürger ist arbeitslos. Dazu beigetragen haben auch die geringen ausländischen Direktinvestitionen, die vergangenes Jahr in Mazedonien nur 40 Millionen Euro ausmachten. Für heuer hofft die Regierung auf 400 Millionen Euro. Doch diese Investitionen werden nur erfolgen, wenn die politische Lage stabil bleibt. Daher ist es für Mazedonien sehr wichtig, dass die Wahl des Nachfolgers von Boris Trajkovski Mitte April ruhig verläuft, damit ausländische Firmen auch tatsächlich nach Mazedonien kommen. Nur wenn neue Arbeitsplätze geschaffen werden, wird die Bevölkerung eine Perspektive sehen. Und nur dann kann Mazedonien dereinst auf eine Mitgliedschaft in EU und NATO hoffen, die das große Ziel von Präsident Boris Trajkovski gewesen ist.

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