Mazedonien-Lage
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Berichte Nord-Mazedonien
In Mazedonien wird der seit etwas mehr als zwei Wochen bestehende Waffenstillstand weitgehend eingehalten. Trotzdem ist die Lage nach wie vor sehr gefährlich, denn nicht nur die Freischärler nutzen die Feuerpause dazu, um ihre Kräfte zu verstärken und sich auf eine Wiederaufnahme der Gefechte vorzubereiten, sollten die Friedensverhandlungen doch scheitern. Diese Verhandlungen zwischen den mazedonischen und den albanischen Parteien sollen morgen offiziell wieder aufgenommen werden; indirekt ist an diesen Verhandlungen auch die UCK beteiligt, denn die Vertreter des Westens sprechen natürlich auch mit den Führern der Rebellen, während die mazedonische Seite Kontakte mit den Freischärlern ablehnt. Umstritten sind vor allem folgende zwei Punkte des Friedensplans, den die Vermittler von EU und USA ausgearbeitet haben: die Aufwertung der albanischen Sprache zur zweiten Staatssprache in einigen Teilen Mazedoniens sowie die Stellung der lokalen Polizei. Die albanischen Parteien und die UCK beharren darauf, daß die Zusammensetzung dieser Polizei der nationalen Zusammensetzung in den Gemeinden und Städten entspricht. Außerdem sollen die Gemeinde für die Polizei zuständig sein; diese Forderung lehnen die mazedonischen Parteien ab; sie befürchten, daß eine lokale Zuständigkeit die ethnische Spaltung des Landes vertiefen könnte. Auch die Aufwertung des Albanischen zur zweiten Staatssprache wird mit dem Hinweis abgelehnt, daß dadurch die Einheit Mazedoniens gefährdet werden könnte. Für die Albaner ist jedoch die Aufwertung ihrer Sprache eine grundlegende Forderung; sie sehen darin einen Ausdruck für die Erlangung der Gleichberechtigung, die ihnen – ihrer Ansicht nach – bisher vorenthalten wurde. Angesichts dieser Ausgangslage wird vor allem im Sprachenstreit ein Kompromiß nicht leicht zu finden sein; denn die praktischen Konsequenzen einer derartigen Aufwertung betreffen das gesamte Staatswesen. Hinzu kommt, daß trotz aller vordergründigen Einheit beide Verhandlungsparteien in gemäßigte und kompromißlosere Kräfte gespalten sind. Für einen Kompromiß sprechen jedoch der massive westliche Druck, die schlechte Wirtschaftslage des Landes und die Angst aller Beteiligten vor einem möglichen Bürgerkrieg, sollten die Verhandlungen scheitern.