Österreicher im Mazedonien-Einsatz
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Berichte Nord-Mazedonien
Von einer Kaserne in der Nähe der mazedonischen Hauptstadt Skopje aus, gehen die Spreng-stoffexperten des Bundesheeres in den Einsatz. Werden Minen und andere gefährliche Über-reste der Gefechte zwischen Albanern und Mazedoniern gefunden, die der EU-Truppe ge-fährlich werden können, haben die Vizeleutnant Josef Scherz und die zwei Offiziere Klaus Chum und Manfred Bernhard auszurücken:
„He was is’ los?“
„Gewehrgranate F 60, aber gesichert!!“
„Könn’ ma’s ausheben!“
„Könn’ ma’ aufnehmen!!“
Die Kriegsrelikte werden wenn nötig entschärft, eingesammelt und anschließend beseitigt. Wie viele Minen und Kriegsrelikte in den ehemaligen Konfliktzonen noch verstreut sind, ist unbekannt. Drei polnische Soldaten starben vor wenigen Wochen, als sie im Gelände auf eine Mine auffuhren. Patrouillen können daher noch immer gefährlich sein. Die Stadt Gostivar im Westen Mazedoniens ist der Einsatzraum weiterer vier Österreichern. Hier wurde nicht ge-kämpft, die Minengefahr ist sehr gering. Tägliche Patrouillen führen über schlechte, vom Regen aufgeweichte Straßen in entlegene Dörfer. Die Soldaten halten mit den Bewohnern Kontakt und geben das Gefühl der Sicherheit. Das Dorf Kunovo liegt auf 1100 Metern Seehöhe. Angeblich leben hier 120 Mazedonier, doch keine 20 sind zu sehen. Wegen der schlechten Infrastruktur haben viel das Dorf verlassen; die Schule ist geschlossen, nur mehr Pensionisten leben ständig hier.
Der Weg zum albanischen Nachbardorf Trnovo ist noch schlechter und steinig, ebenso wie der Weg zur Aussöhnung beider Volksgruppen. Doch Trnovo bietet einen anderen Anblick. So manche Häuser sind stattlich, denn viele Männer sind Gastarbeiter, auch in Österreich. 650 Albaner leben in Trnovo, davon 130 Kindern. Die wenigen Männer, die zu sehen sind, sind meist arbeitslos. Die Infrastruktur ist ebenso schlecht wie im mazedonischen Dorf. Daher klagen auch beide Volksgruppen über dieselben Probleme. Es gibt keine Apotheke, keinen Arzt, keine Kanalisation und auch die Stromversorgung ist schlecht. Auch Pferde dienen noch immer als Transportmittel. Lokale Politiker kommen nur selten hierher und die Österreicher erfüllen auch die Funktion einer Klagemauer, wie Major Michael Lenhard bestätigt:
„Man ist gewisser Maßen ein Beichtvater und die Leute brauchen jemanden bei dem sie sich ausreden können und wir haben sicher die Gabe als Österreicher das wir zuhören und leiten das weiter an die entsprechenden Stellen und geben den Leuten dahingehend Vertrauen, dass solche Dinge auch weitergeleitet werden.“
Ob diese Berichte von der Regierung auch tatsächlich gelesen oder gar berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten. Die Österreicher sind jedenfalls gerne gesehen, einen Umstand, den Oberstleutnant Harald Menzel so erklärt:
„Es liegt in der Natur des Österreichers, dass er mit allen Gruppierungen gut kann, wir können zuhören, wir nehmen die Probleme der Leute auf und deswegen eignet sich der Österreicher sehr gut für solche Einsätze.“
Menzeö glaubt auch, daß in Mazedonien ein Silberstreifen am Horizont erkennbar ist, den auch die Bevölkerung wahrnimmt:
„Ich glaube die Geduld endet nicht so schnell, es ist ein Silberstreifenhorizont erkennbar, es ändert sich was im Land.“
Doch wie lange diese Geduld noch anhalten wird ist fraglich; Gespräche zeigen, daß sich beide Volksgruppen von ihren Politikern oft allein gelassen fühlen und das die Unzufrieden-heit wächst. Die seit Herbst amtierende Koalition aus mazedonischen und albanischen Partei-en wird jedenfalls binnen Jahresfrist weit mehr Erfolge vorzuweisen haben als bisher, damit Stabilisierung und Aussöhnung in Mazedonien tatsächlich gelingen können.