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Mazedonien Unterzeichnung

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Berichte Nord-Mazedonien
Die Vereinbarung, die heute von den albanischen und mazedonischen Parteien unterzeichnet wir, sieht einen tiefgreifenden Umbau des mazedonischen Staates vor. Umstritten waren dabei vor allem zwei Punkte – die Regelung des Gebrauchs der albanischen Sprache sowie die stärkere Vertretung der Albaner in der lokalen Polizei.

Der Sprachenkompromiß sieht vor, daß die albanische Sprache aufgewertet wird, ohne ihr in der Verfassung den Status einer offiziellen zweiten Staatssprache einzuräumen. Aber in allen Regionen Mazedoniens, wo min-destens 20 Prozent der Bevölkerung Albanisch sprechen, wird diese Sprache praktisch einen offiziellen Status erhalten. Öffentliche Dokumente werden dann auch auf Albanisch ausgestellt und auch vor mazedonischen Bundesbehörden in diesen Regionen kann Albanisch gebraucht werden. Vor Gericht wird auf Staatskosten ein Dolmetscher bereit gestellt, sollte ein Albaner das verlangen. Zugelassen wird die albanische Sprache auch im Parlament. Auch Gesetze sollen künftig in albanischer Sprache kundgemacht werden. Nicht geben wird es eine rein albanische Universität und auch an der Dominanz des Mazedonischen in der Zentralverwaltung wird sich kaum etwas ändern. Außerdem bleibt Mazedonisch formell die einzige offizielle Staatssprache und damit die Sprache des internationalen Schriftverkehrs. Hinzu kommt, daß Albanisch ausdrücklich gar nicht erwähnt wird; denn im Verhandlungspapier ist immer nur die Rede von einer anderen Sprache, die mindestens auch von 20 Prozent der Bevölkerung gesprochen wird; das sind jedoch nur die Albaner, denn alle anderen Minderheiten in Mazedonien sind weit kleiner. Ebenfalls geeinigt haben sich Albaner und Mazedonier auf eine gleichmäßige Vertretung in öffentlichen Ämtern, die der Stärke beider Volksgruppen entsprechen soll. Bei Gesetzen, die Kultur, Sprache und Erziehung betreffen, soll eine qualifizierte Mehrheit erforderlich sein.

Die Neuregelung des Polizeidienstes in den Gemeinden legt zunächst die Bestellung des örtlichen Polizeichefs fest. Dazu erarbeitet das Innenministerium einen Dreiervorschlag, dem mindestens auch ein Vertreter jener nationalen Minderheit angehört, die in dieser Gemeinde gerade die Mehrheit stellt. Aus diesem Vorschlag wählt der Gemeinderat dann den Polizeichef. Vorgesehen ist in dem Friedensabkommen auch, daß bis zum Jahre 2004 die nationale Zusammensetzung der Polizei der Bevölkerungsstruktur in Mazedonien entsprechen soll. Dazu werden zunächst bis zum kommenden Jahr bereits 500 zusätzliche, vorwiegend albanische Polizisten eingestellt, die auch von OSZE, EU sowie USA mit ausgebildet werden sollen. Weitere 500 Polizisten sollen bis Juli 2003 in den Dienst aufgenommen werden.

Vorgesehen sind in dem Friedensabkommen noch eine Stärkung der lokalen Selbstverwaltung sowie besondere Regelungen zur Wahrung der kulturellen Rechte alle Minderheiten aber auch eine Sperrminorität bei der Än-derung der Verfassung sowie von Gesetzen, die Fragen der Minderheiten betreffen. Eine entsprechende Rege-lung gilt auch für Beschlüsse auf Gemeindeebene und zwar auch für die Mazedonier, die – obwohl Staatsvolk – in der betreffenden Gemeinde in der Minderheit sind.

Ob dieses Rahmenabkommen nach sechs Monaten Gefechten und vielen Toten überhaupt noch Aussichten auch Erfolg hat, werden die kommenden Tage zeigen. Wird der Waffenstillstand auch nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens weiter systematisch verletzt, so wird diese Abkommen wohl nur Theorie bleiben. Denn dann wird weder im Parlament eine Mehrheit für die Ratifizierung zu finden sein, noch werden die albanischen Freischärler der UCK sich von der NATO auch nur der Form halber entwaffnen lassen. Alle diese Probleme wären zu Beginn des Konflikts weit leichter zu lösen gewesen; doch präventive westliche Diplomatie hat sich wieder ein Mal als Illusion erwiesen und weder am Balkan noch in Brüssel ist die Fähigkeit besonders ausge-prägt, rasch, konsequent und entschlossen zu handeln.

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