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Montenegro und der dornige Weg zur EU Mitgliedschaft

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Berichte Montenegro

In Slowenien beginnt heute der Westbalkan-Gipfel der EU. Neben alle Mitgliedsstaaten werden auch die Spitzenpolitiker der sogenannten Westbalkan-Staaten anwesend sein, die alle einen Beitritt zur EU anstreben; es sind dies der Kosovo, Bosnien und Herzegowina sowie Nird-Mazedonien, Albanien, Serbien und Montenegro. Ein klares Signal in Richtung dieser Staaten war das erklärte Ziel der slowenischen EU-Präsidentschaft. Zwar wird im Konferenzzentrum in Brdo auch die Umsetzung eines Wirtschafts- und Investitionsplans im Umfang von 30 Milliarden Euro für diese Staaten erörtert werden, doch ein klares Signal der Erweiterungsbereitschaft der EU ist nicht zu erwarten – zu groß ist der Widerstand in einigen EU-Mitgliedern. Am Beispiel von Montenegro hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz die Frage erörtert, wie es um die Erweiterungsperspektive des Westbalkan bestellt ist.

Vor etwa acht Jahren begannen die Beitrittsverhandlungen zwischen Montenegro und der EU; bis jetzt wurden zwar alle 33 Verhandlungskapitel eröffnet aber nur drei zwischenzeitlich geschlossen. Montenegro ist trotzdem das Land des Westbalkan, das auf dem Weg Richtung EU am weitesten fortgeschritten ist. Doch nimmt man dieses Tempo als Maßstab, dann würde Montenegro erst im nächsten Jahrhundert alle Kapitel ausverhandelt haben. Den Grund für das Schneckentempo sieht in Podgorica Außenminister Djordje Radulovic auch in den klaren Bedingungen aus Brüssel:

Djordje Radulovic

3'42'4 - Kapitel und Chancen auf Schließung - 5'22'1 (40)

"Obwohl die EU intern bereit ist, eine bestimmte Anzahl von Kapiteln zu schließen, kann das nicht geschehen ohne einen spürbaren Fortschritt bei den Kapiteln 23 und 24, das sind Justiz und Rechtsstaat sowie Grundrechte. Ich glaube, dass die neue Methodologie eine neue Perspektive bieten kann, weil es nicht mehr nur um technische Voraussetzungen geht, um ein Kapitel vorläufig abzuschließen. Jetzt gibt es auch einen politischen Aspekt der Erweiterung. Ich glaube, dass wir noch bis zum Ende des Mandats dieser EU-Kommission unsere Hausaufgaben abschließen können."

Das hieße einen Verhandlungsabschluss im Jahre 2024. Djordje Radulovic ist seit Dezember Außenminister und zwar in der ersten Regierung seit 30 Jahren, die nicht die Partei des amtierenden Staatspräsidenten Milo Djukanovic stellt. Zwar verlief der Machtwechsel friedlich, doch viele Experten für die EU kehrten der neuen Regierung den Rücken. Hinzu kommt, dass eine Entpolitisierung der Justiz und ein kompromissloser Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität auch der neuen Regierung bisher nicht wirklich gelungen sind. Möglicherweise wirkt auch der Verhandlungsmodus nicht gerade motivierend, den der Außenminister beschrieben hat; denn je mehr Kapitel geschlossen wären, desto größer würde wohl der Druck der Bevölkerung sein, auch endlich die Entpolitisierung der Justiz umzusetzen. Zweifellos demotivierend wirkt die Erweiterungsmüdigkeit in der EU, die Staatspräsident Milo Djukanovic so bewertet:

Milo Djukanovic

24'49'8 - Keine EU-Perspektive – 26’05 (30)

"Eine Politik der EU-Erweiterung am Westbalkan gibt es bereits einige Jahre nicht mehr. Falsch ist die Feststellung, dass es diese Politik deshalb nicht gibt, weil es keine Reformen am Westbalkan gibt. Vielmehr ist es so, dass die Reformen aufgegeben wurden, weil es keine Politik der Erweiterung gibt. Daher ist es sehr wichtig, dass die EU mit einer Erweiterungspolitik die Reformkräfte unterstützt, damit sie die Reformen beschleunigen und die Voraussetzungen für eine EU-Vollmitgliedschaft schaffen."

Diese klare Unterstützung wird auch der EU-Gipfel in Slowenien nicht bringen. Hinzu kommt, dass auch nach einem Verhandlungsabschluss ein Beitritt an einem Referendum in einem der erweiterungsmüden EU-Länder scheitern könnte. Der Weg nach Brüssel wird nicht nur für Montenegro noch weit und steinig sein.

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