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Interview mit Milo Djukanovic

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Berichte Montenegro

Vor einem Jahr kam es in Montenegro zum ersten Mal seit 30 Jahren zu einem Machtwechsel. Staatspräsident Milo Djukanovic verlor die Parlamentswahl am 30. August und die vereinigte Opposition errang im Parlament in Podgorica eine hauchdünne Mehrheit von einem Mandat. Sie verfügt über 41 der 81 Sitze, doch für die Bildung einer sogenannten Expertenregierung reichte es. Möglich wurde der Machtwechsel, weil sich Djukanovic und seine Partei DPS auf einen massiven Konflikt mit der Serbisch-orthodoxen Kirche einließ; sie griff intensiv in den Wahlkampf ein und nominierte mit dem bis dahin unbekannten Universitätsprofessor Zdravko Krivokapic auch den Regierungschef. Seine sogenannte Expertenregierung war von Beginn an mit massiver Kritik der proserbischen Parteien konfrontiert, die bei der Regierungsbildung leer ausgingen. Montenegro ist heute politisch instabil und gespalten; über die Lage hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz in Podgorica mit Präsident Milo Djukanovic gesprochen; hier sein Bericht:

Im Oktober des Vorjahres verstarb der Metropolit der Serbisch-orthodoxen Kirche und Vater des Machtwechsels in Montenegro, Amfilohije Radovic, im Alter von 82 Jahren. Die Inthronisierung seines Nachfolgers, Joanike, Anfang September dieses Jahres in Cetinje war von massiven Ausschreitungen begleitet. Montenegrinische Nationalisten blockierten die Zufahrtsstraßen, um die Inthronisierung zu verhindern; das gelang zwar nicht, doch es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Die Demonstranten sehen diese Kirche als Träger des Serbentums in Montenegro, eine Meinung, die auch Staatspräsident Milo Djukanovic teilt:  

17'06 - Kirche Instrument für Großserbien - 18'15 - 20'20'9 - Bauern - 20'41'7

"Diese Kirche war und ist ein Instrument des großserbischen Nationalismus in der Region und damit der Destabilisierung der Nachbarstaaten, beginnend mit Montenegro. Das ist nichts Neues; mit Hilfe der Serbisch-Orthodoxen Kirche wird versucht, die Souveränität Montenegros zu zerstören. Dabei sind die Bischöfe der neuen Kirchenführung gewöhnliche Handlanger nicht nur ihrer Kirche in Belgrad, sondern der politischen Führung Serbiens."

Keine Handlanger Belgrads sind Ministerpräsident Zdravko Krivokapic und sein Kabinett. Die politischen Beziehungen mit Serbien sind nach wie vor belastet; andererseits ist diese neue Regierung natürlich bestrebt, Milo Djukanovic und seine Partei DPS so weit wie möglich zu entmachten, die 30 Jahre Montenegro dominiert haben. Die Zusammenarbeit ist somit belastet; sie beschreibt Präsident Milo Djukanovic so:

5'12'6 - Kohabitation - 6'29'9

"Vom ersten Tag an war ich zur Zusammenarbeit im Rahmen meiner verfassungsgemäßen Vollmachten bereit, um ein Partner der Regierung zu sein, die andere politische Positionen vertritt. Doch von dieser anderen Seite wurde ich ständig mit Forderungen konfrontiert, die den Versuch der Regierung darstellen, ein politisches Machtmonopol zu erringen. Derartige Forderungen akzeptiere ich nicht, und daher gibt es Probleme bei der Kohabitation."  

Probleme gibt es auch im Parlament, in dem die Regierung nur eine Mehrheit von einem Sitz hat, Djukanovics DPS aber bei weitem die stärkste einzelne Fraktion bildet. Von einer Zusammenarbeit kann keine Rede sein, doch auch zwischen den Regierungsparteien und der proserbischen Fraktion gibt es massive Spannungen. Daher wird neun Monaten nach der Regierungsbildung bereits wieder über eine Umbildung des Kabinetts verhandelt. Die Lage Montenegros sieht Milo Djukanovic so:

1'23'9 - Stagnation und Gefährdung der Stabilität - 1'54'8

"Wir haben eine Stagnation des Staates, die sich langsam in eine Bedrohung für seine Stabilität verwandelt. Alles in allem ist damit die Perspektive für die europäische Integration bedroht, und zwar ein Land, das in der Vergangenheit weit vor allen anderen Ländern gelegen hat, die eine EU-Mitgliedschaft anstreben."

Trotzdem bleibt festzustellen, dass sich die Regierung besser gehalten hat als erwartet; das betrifft auch die wirtschaftliche und soziale Lage. Politisch ist Montenegro aber zu einem neuen möglichen Krisenherd auf dem Balkan geworden.

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