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Leben in Montenegro auf dem Weg zur EU

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Berichte Montenegro

Montenegro ist das Land des Balkan, das die besten Chancen hat, als nächstes Land des ehemaligen Jugoslawien in die EU aufgenommen zu werden. Brüssel hält einen Beitritt in sieben Jahren für möglich. Verhandelt wird mit Montenegro bereits seit mehr als fünf Jahren, dass unter der Führung von Milo Djukanovic 2006 nicht nur die Unabhängigkeit von Serbien auf friedlichem Wege erreichte, sondern im Vorjahr auch in die NATO aufgenommen wurde. Djukanovic unterstrich seine politische Dominanz gestern wieder mit seiner Wahl zum Präsidenten; die dafür nötige absolute Mehrheit erreichte er klar. Diese lange Herrschaft hat aber auch Schattenseite, dazu zählen Parteibuchwirtschaft und Korruption sowie die relativ hohe Arbeitslosigkeit. Andererseits steht das Land wirtschaftlich dank stark steigender Tourismuszahlen gar nicht so schlecht da, auch die Infrastruktur wird zunehmend besser und auch in die Landwirtschaft wird investiert. Über die Lage in Montenegro und seinen Weg Richtung EU hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz den folgenden Beitrag gestaltet:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Montenegro

Insert1: Veselin Jovovic, Gemüsebauer in Montenero

Insert2: Dusko Markovic, Montenegrinischer Ministerpräsident

Insert3: Jelena Jovanovic, Hausfrau und Mutter von zwei Kleinkindern

Insert4: Velisa Jovanovic, Familienvater und Alleinverdiener

Gesamtlänge: 3’38

Die fruchtbare Ebene von Bjelo Pavlicka liegt eine halbe Autostunde von Podgorica entfernt. Hier lebt auch der Gemüsebauer Veselin Jovovic; der 60-jährige produziert mit seine Familie Kartoffel, Kraut, Tomaten Salat und Kräuter, insgesamt eintausend Tonnen pro Jahr. Der Betrieb blüht; Montenegro ist kein Selbstversorger; hinzu kommt die steigende Nachfrage durch steigende Tourismuszahlen. Die Firma ist auch ein Vorzeigebetrieb, was die Nutzung von EU-Förderungen betrifft, die die montenegrinische Landwirtschaft auf die EU vorbereiten soll; so kaufte der Betrieb im Vorjahr einen Traktor und mehrere Anhänger um 17.000 Euro. Nach der Vorfinanzierung erhielt der Betrieb 8.500 Euro durch EU-Förderungen zurück. Jovovic will weiter expandieren und ist klar für den EU-Beitritt:

„Das ist der einzig mögliche Weg für uns; wir verstehen, dass wir diese Standards erfüllen müssen. Was aber die Qualität meiner Produkte betrifft, so habe ich keine Angst, dass ich diese Erzeugnisse nicht auch in Wien verkaufen könnte. Wir haben eine sehr gute Meinung von der EU; es sieht so aus, dass wir hinten sind, doch wir holen auf.“

Montenegro hofft, bis 2025, also in sieben Jahren der EU beitreten zu können; dieses Ziel erfordert noch viele schmerzliche Reformen und eine Modernisierung der Verwaltung. Die Regierung setzt dabei auch auf Hilfe aus Österreich, das mit ersten Juli die Präsidentschaft in der EU übernimmt:

"Österreichische Experten unterstützen uns bereits bei der Vorbereitung für das Kapitel "Umweltschutz". Wir werden sicher von Österreich Hilfe bei herausfordernden Kapiteln in Anspruch nehmen, wo es nicht nur ums Geld, sondern auch um Fachwissen geht. Das ist neben dem "Umweltschutz" das Kapitel "Landwirtschaft". Ich bin sicher, dass wir noch viel stärker um Unterstützung durch österreichische Experten ersuchen und diese auch bekommen werden."

Montenegro ist seit 2006 von Serbien unabhängig. Doch ebenso wie andere Staaten der EU führte auch Montenegro bereits 2002 den Euro als Zahlungsmittel ein, und ersetzte damals die DM die offizielles Zahlungsmittel in diesem Land war. Montenegro ist aber nicht Mitglied der Währungsunion. Zwar befürwortet eine große Mehrheit den EU-Beitritt, trotzdem ist er für viele Bürger noch kein Faktor im täglichen Leben, denn das Jahr 2025 ist noch weit weg:

„Für mich ist der Beitritt nicht wichtig; vielleicht wird die EU meinen Kindern nützen, doch ich glaube nicht, dass der EU-Beitritt für mich etwas verändern oder mir helfen wird.“

Die Familie lebt in einem Eigenheim in einem Vorort von Podgorica Der 31-jährige Velisa ist Alleinverdiener mit drei Jobs; er ist Sportjournalist bei einem Privatsender, Pressesprecher des Basketballverbandes und arbeitet noch für ein Internetportal:

„Wir haben etwa 1.000 Euro, und wir bemühen uns nicht, zu sparen. Wir gehen auch aus und kaufen unseren Kindern Spielzeug; somit verbrauchen wir mehrheitlich pro Monat all das, was ich verdiene.“

Der Kindergarten für Sohn und Tochter kostet 80 Euro im Monat; die Betriebskosten für das Haus betragen 200 Euro im Monat. Die Familie kann sich auch einen Urlaub pro Jahr leisten. Doch der offizielle Durchschnittslohn liegt in Montenegro bei nur 500 Euro im Monat; im alpinen Norden des Landes ist die soziale Lage noch schwieriger, eine Region, die nun ebenfalls mit EU-Hilfe nachhaltig entwickelt werden soll.  

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