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Montenegro auf dem Weg zur EU

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Berichte Montenegro

Die EU-Kommission in Brüssel veröffentlicht heute die jährlichen Fortschrittsberichte für die Staaten des sogenannten Westbalkan, das sind Albanien, Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und der Kosovo. Derzeit verhandelt die EU über einen Beitritt allerdings nur mit Serbien und Montenegro. Am weitesten fortgeschritten sind die Gespräche mit Montenegro, das im Gegensatz zu Serbien auch praktisch keine offenen Fragen mit seinen Nachbarn hat; trotzdem wirkt auch die Bilanz von Montenegro auf dem Weg Richtung EU nicht berauschend. Nach mehr als fünf Jahren Verhandlungen zwischen Podgorica und Brüssel sind von 33 Kapiteln zwar 30 eröffnet, aber nur 3 vorläufig geschlossen worden. Über die Verhandlungen hat in Podgorica unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Ministerpräsident Dusko Markovic gesprochen, hier sein Bericht:

Von Erweiterungsrunde zu Erweiterungsrunde hat die EU die Kriterien für Beitrittswerber erschwert; das spürt insbesondere Montenegro, mit dem als erstes auf eine neue Art und Weise verhandelt wird. Zunächst eröffnet wurden die Kapitel 23 und 24, die schwierigsten, denn sie betreffen Rechtsstaat, Justiz und Grundrechte. Hinzu kommt, dass Montenegro nun vor der Eröffnung eines jeden Kapitels bestimmte Maßnahmen zu erfüllen hat; dann wird verhandelt und vor einer vorläufigen Schließung sind ebenfalls noch Bedingungen zu erfüllen, die jedes EU-Mitglied stellen und zu bewerten hat. Im Falle Montenegros kommen noch administrative Probleme hinzu; das Land zählt nur 650.000 Einwohner und hat insgesamt nur etwa 50.000 Staatsdiener, vom Richter bis zum Lehrer. Darauf verweist in Podgorica auch Ministerpräsident Dusko Markovic, um zu erläutern, warum bisher nur wenige Kapitel vorläufig geschlossen wurden; Dusko Markovic:

"Zunächst haben wir uns auf die Eröffnung der Kapitel konzentriert, weil dazu viele Anforderungen erfüllt werden mussten, und das war ein sehr anstrengendes Verfahren. Da geht es nicht nur um die Anpassung unserer Gesetzgebung an die der EU, sondern auch um den Aufbau von Institutionen. Nach fünfeinhalb Jahren Verhandlungen mit der EU treten wir nun in eine neue Phase ein. Wir glauben, dass wir bis Jahresende die vorläufigen Maßnahmen für die Kapitel Rechtsstaat und Sicherheit sowie für Justiz und Grundrechte erfüllen; damit können wir dann auch den abschließenden Maßnahmenkatalog für diese beiden Kapitel bekommen."

Die im Februar veröffentlichte Westbalkan-Strategie der EU fasst das Jahr 2025 als mögliches Jahr für einen EU-Beitritt ins Auge. Das heißt, dass die Verhandlungen bis Ende 2023 abgeschlossen werden müssten, weil die Ratifizierung des Beitrittsvertrages durch alle EU-Staaten etwa zwei Jahre dauert; dazu sagt Dusko Markovic:

"Ich halte das für wirklich machbar und realistisch. Wir haben 30 Kapitel eröffnet und davon drei vorläufig abgeschlossen. Weitere drei müssen wir noch eröffnen, doch dazu haben wir alles vorbereitet; zwei Kapitel hoffen wir noch jetzt unter bulgarischer EU-Präsidentschaft und das letzte Kapitel dann unter österreichischer EU-Präsidentschaft eröffnen zu können. Montenegro hat derzeit sieben Kapitel vorbereitet, die vorläufig geschlossen werden können. In den folgenden drei Jahren haben wir Zeit, Verpflichtungen zu erfüllen, um Kapitel zu schließen. Das bedeutet noch stärkere Reformen und viele positive Impulse durch den Prozess der Beitrittsverhandlungen. Ich bin überzeugt, dass Montenegro 2025 EU-Mitglied sein wird."

Mitte Juni findet in Sofia unter der bulgarischen EU-Präsidentschaft zum ersten Mal seit 15 Jahren ein EU-Westbalkan-Gipfel statt; seine Erwartungen formuliert Dusko Markovic so:

„Ich glaube, dass beim Gipfel in Bulgarien Perspektiven der Entwicklung und der Stärkung der Volkswirtschaften im Westbalkan im Vordergrund stehen werden. Dazu zählen die Ausbau der Infrastruktur und der wirtschaftlichen Verbindung der Region, um für den EU-Markt bereit zu sein. Wir hätten beim Gipfel gerne natürlich auch stärkere politische Botschaften im Hinblick auf die Erweiterung der EU; doch dazu könnte es nicht kommen und zwar wegen unterschiedlicher Auffassungen bei den EU-Mitgliedern. Trotzdem ist der Gipfel eine große Gelegenheit für den Westbalkan."

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