Koalitionsvertrag unterzeichnet
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Berichte Montenegro
Die jugoslawische Bundesregierung soll heute in Belgrad vor den beiden Kammern des Bundesparlaments vereidigt werden; ihre Lebensdauer dürfte weniger als ein Jahr betragen. Denn die montenegrinische Drei-Parteien-Koalition unter Präsident Milo Djukanovic boykottiert nicht nur diese Bundesregierung. Die montenegrinische Regierung hat vielmehr auch beschlossen die Bevölkerung in einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit oder den Weiterverbleib bei Serbien entscheiden. Die Abstim-mung soll spätestens Ende Juni nächsten Jahres stattfinden. Diesen Kompromiß hat eine Krise in der Drei-Parteien-Koalition vorerst beseitigt. In der Koalition tritt nur eine Partei klar für eine Union mit Serbien ein; auch im montenegrinischen Parlament sind die Befürworter der Unabhängigkeit in der Mehrheit. Die Koalition, vereinbarte, daß das Parlament bis Jahresende die gesetzlichen Grundlagen für die Volksabstimmung beschließen soll. Gleichzeitig wird mit Serbien über eine lockere Union weiter verhandelt. Präsident Djukanovic hält eine gemeinsame Verteidigungs-, Außen- und Wirtschaftspolitik für möglich. In einem Interview beharrte Djukanovic aber auf der internationalen Anerkennung Montenegros und auf einem eigenen Sitz in der UNO. In Richtung Unabhängigkeit weist die vom Parlament beschlossene Gründung einer Nationalbank. Außerdem soll der Dinar in Montenegro durch die Deutsche Mark als Zahlungsmittel bis Mitte November ersetzt werden. Im Alltagsleben hat die DM seit der Einführung als Zweitwährung vor einem Jahr den Dinar fast völlig verdrängt. Der Geldum-tausch wird acht Tage dauern.
In Serbien wiederum ist die Übergangsregierung vorläufig gescheitert. Die Allianz DOS unter Zoran Djindjic und die SPO unter Vuk Draskovic boykottieren die Koalition mit den Sozia-listen. Grund dafür ist die Weigerung der Sozialisten, dem Rücktritt von Rade Markovic als serbischem Geheimdienstchef zu zustimmen. Markovic ist ein Vertrauensmann von Slobodan Milosevic. Am 23. Dezember als Termin für die Parlamentswahl in Serbien ändert sich aber nichts.