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Interview mit Milo Djukanovic zur Wahl und zur EU und zum Zigarettenschmuggel

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Berichte Montenegro


Was verbindet die einstigen Christdemokraten in Italien, die Sozialisten in Schweden, die deutsche CDU unter Helmut Kohl und die Liberale Partei in Japan mit der Demokratischen Partei der Sozialisten in Montenegro unter Milo Djukanovic? Die Antwort ist die enorm lange Regierungsdauer, die alle diese Parteien gemeinsam haben. So führt der 50jährige Milo Djukanovic Montenegro seit mehr als 20 Jahren, und weitere Jahre werden nun wohl hinzukommen. Denn bei der Parlamentswahl am Sonntag hat seine Koalition zwar knapp die absolute Mehrheit verloren, doch mit den Parteien der nationalen Minderheiten stehen ausreichend Partner bereit, um diese Mehrheit im Parlament zu sichern, das 81 Sitze zählt. Über die Regierungsbildung, die EU-Beitrittsverhandlungen und die Vorwürfe, in großangelegten den Zigarettenschmuggel verwickelt gewesen zu sein, hat unser Balkan-Korrespondent mit Milo Djukanovic gesprochen. Hier sein Bericht:

Wie sehr in Montenegro die Regierungskoalition unter Milo Djukanovic dominiert, zeigt der Umstand, dass sein Bündnis bei der Wahl mehr Stimmen gewann, als alle drei Oppositionsparteien zusammen. Dujkanovic rechnet daher mit einer raschen Regierungsbildung. Offen ist, ob er wieder die Regierung führt, oder ob der 36-jährige Igor Luksic weiter Regierungschef bleibt. Milo Djukanovic hat sich noch nicht entschieden:

„Meine Absichten haben ich vor zwei Jahren definiert, als ich mich vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgezogen habe. Doch ich war weiter Parteivorsitzender und daher nun Listenführer bei den Wahlen. Jetzt werden wir sehen, wer Ministerpräsident wird. Denn jetzt geht es nicht um meine Absichten, sondern um die Herausforderungen, vor die Montenegro in den kommenden vier Jahren gestellt ist.“

Dazu zählen die Bereinigung der Wählerlisten und eine transparente Parteienfinanzierung. Beides haben die Wahlbeobachter der OSZE bemängelnd, obwohl die Wahl an sich von der OSZE durchaus positiv bewertet wurde. Dazu sagt Djukanovic:

„Man darf nicht vergessen, dass Montenegro erst vor sechs Jahren seine Unabhängigkeit wiederhergestellt hat. Und es wäre nicht real zu erwarten, dass man in dieser Zeit ein Wahlsystem schaffen kann, bei dem es keine Einsprüche gibt. Man muss sich bewusst sein, dass das ein Prozess ist, der von Jahr zu Jahr Verbesserungen bringt. Und dieser klar positive Prozess hat auch sichergestellt, dass Montenegro heute ein Land ist, dass mit der EU über seinen Beitritt verhandelt.“

Dabei legt Brüssel besonderes Augenmerk auf den Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität. Montenegro und Djukanovic selbst leiden noch immer unter dem Vorwurf, durch systematischen Zigarettenschmuggel reich geworden zu sein. Diese Anschuldigung weist er kategorisch zurück:

„Das sind einfach Dummheiten, denn dazu nehme ich bereits 20 Jahre Stellung; doch niemals haben wir einen überzeugenden Beweis bekommen. Es wurden abertausende Seiten über den angeblichen Schmuggel aus Montenegro nach Italien geschrieben, um Montenegro auf seinem Weg zur Unabhängigkeit zu desavouieren, und um mich persönlich zu kompromittieren, der diese Bewegung geführt hat. Doch wir haben eine Bestätigung für all die Dementis erhalten, die ich öffentlich abgegeben habe.

Diese Bestätigung sieht Djukanovic in einem Urteil eines italienischen Gerichts in Bari, das den Zigarettenschmuggel betrifft; in dem Verfahren sagte Djukanovic als Zeuge aus. Den Richterspruch interpretiert er so:

„In diesem Urteil hat das Gericht alles zurückgewiesen und bestätigt, dass Montenegro das Recht hatte, den Transit von Zigaretten zu organisieren und dabei Gebühren einzuheben. Daher habe kein anderer Staat das Recht über dieses reguläre Geschäft zu urteilen; das betrifft auch die Einnahmen, die die Regierung in der Zeit der Sanktionen erhielt, damit die Menschen in Montenegro überleben konnten. Darüber schrieb man nicht ausreichend, um einen Schlussstrich unter sinnlose Anschuldigungen zu ziehen, die 20 Jahre lang erhoben wurden.“

Fest steht, dass EU und USA diese Geschäfte tolerierten, um Djukanovic im Kampf gegen den serbischen Autokraten Slobodan Milosevic den Rücken zu stärken. Fest steht aber auch, dass Djukanovics Bruder eine wichtige Bank in Montenegro gehört, und dass seine Schwester eine begehrte Anwältin bei ausländischen Investoren ist, die in Montenegro Fuß fassen wollen. Beim Kampf gegen die Korruption wird es der EU wohl nicht um Geschäfte von einst, sondern um zeitgenössische kriminelle Verbindung von Politik und Geschäft gehen; die gibt es allerdings nicht nur in am Balkan, sondern auch in Ländern der EU, die nicht wie Montenegro mit einer derart undifferenzierten Darstellung zu kämpfen haben.

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