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Montenegro vor der Wahl doch Djukanovics Sieg steht fest

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Berichte Montenegro
Unter den vielen schillernden Persönlichkeiten des Balkan zählt der Ministerpräsident Montenegros zweifellos zu den interessantesten und erfolgreichsten. Vor 20 Jahren stürzte Djukanovic mit Hilfe des serbischen Autokraten Slobodan Milosevic die kommunistische Führung in Montenegro. Im Alter von nur 29 Jahren wurde Djukanovic im Jahre 1991 jüngster Ministerpräsident in Europa. Seit damals führt er sein Land und erreichte 2006 auch die Unabhängigkeit von Serbien. Kommenden Sonntag wird in Montenegro, das etwa so groß ist wie Tirol, das Parlament neu gewählt und Djukanovics Koalition hat sogar Chancen auf die absolute Mehrheit. Den Wahlkampf verfolgt hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz, der den folgenden Beitrag aus Montenegro, dem Land der Schwarzen Berge, gestaltet hat:

„Sigurno“ – auf Deutsch „Sicher“ lautet das Motto des Wahlkampfbündnisses unter Führung von Ministerpräsident Milo Djukanovic. Es besteht aus seiner sozialistischen DPS, aus den Sozialdemokraten und zwei kleinen Parteien der kroatischen Minderheit und der Bosnjaken. Das Wahlkampfmotto „Sicher“ bezieht sich zunächst auf die Innenpolitik. Während sich in allen anderen Ländern Parteien nach vielen Jahren an der Macht verbrauchen, ist das in Montenegro umgekehrt. Dort haben sich die Oppositionsparteien verschlissen und gespalten, ganz gleich ob sie nun proserbisch oder für die Unabhängigkeit eingestellt sind. „Sicher“ soll aber auch andeuten, dass nur Milo Djukanovic sein Land durch die Krise führen kann, die Montenegro erfasst hat. So verspricht die Regierung enorme Investitionen in die Infrastruktur und in den Tourismus; in der albanisch dominierten Hafenstadt Ulcinj verkündet Milo Djukanovic:

„Das mit unseren internationalen Partnern vereinbarte Projekt ist dutzende Milliarden Euro wert. Dazu zählt der Bau vieler neuer Hotels und Kongress- sowie Einkaufszentren; hinzu kommt der Bau einer neuen Marina, eines Golfplatzes, einer Pferderennbahn sowie einer Konzert- und Sporthalle. Mit dem Projekt verbunden ist auch der Bau eines Flughafens in Ulcinj oder die Erweiterung des Flughafens von Podgorica.“

Ein anderes Großprojekt hat die Regierung jüngst an eine kroatische Firma vergeben; sie soll um 2,7 Milliarden Euro eine Autobahn von der Hafenstadt Bar bis zur serbischen Grenze bauen. Die Opposition kritisiert diese Vorhaben als intransparent und wirft Djukanovic Korruption, autoritäre Herrschaft und Verbindungen zur organisierten Kriminalität vor. Doch eine glaubwürdige Alternative konnten die drei relevanten Oppositionsparteien wieder nicht anbieten; so kämpfen sie getrennt um die 500.000 Stimmbürger und um die 81 Parlamentssitze – und dürften wieder getrennt geschlagen werden. Neu ist nur das Antreten einer Pensionistenpartei, die um die 130.000 Rentner wirbt und Chancen hat, die Drei-Prozent-Hürde zu überspringen. Umfragen sagen Milo Djukanovic trotzdem die absolute Mehrheit voraus. Der Name seiner Koalition, „Für ein europäisches Montenegro“ ist ebenfalls Programm. Dieser Name soll suggerieren, dass nur Djukanovic Montenegro in die EU führen kann. Der Antrag auf den Kandidatenstatus ist bereits gestellt, und bis zum Sommer könnte die EU diesen Status offiziell bestätigen. Unter Hinweis auf die friedlich erreichte Unabhängigkeit verkündet denn Djukanovic seinen Anhängern:

„Wir haben Montenegro wieder errichtet unter Beachtung der strengen Auflagen der EU. Auch diese Hürde haben wir genommen, und Montenegro nun auf die Geleise einer sicheren europäischen Zukunft gestellt.“

Sicher ist Djukanovics Gespür für den richtigen Zeitpunkt; so hat er die Wahl um sechs Monate vorverlegt; daher ist die Krise noch nicht so spürbar, die das Aluminiumwerk des russischen Oligarchen Oleg Deripaska erfasst hat; das Werk ist der größte Exporteur des Landes, 4.000 Beschäftigte zittern um ihren Arbeitsplatz; bangen muss Montenegro auch um die Tourismussaison, denn der Zustrom der Russen hat ebenso spürbar nachgelassen wie der Bauboom und die Immobilienpreise an der Küste. Gerettet hat die Regierung die zweitgrößte Bank Montenegros, mit einer 44-Millionen-Euro-Spritze; die Bank gehört Djukanovics Bruder – auch das ist typisch für das demokratische Fürstentum Montenegro, in dem Milo Djukanovic wohl auch nach dem Wahlsonntag für weitere vier Jahre regieren wird.

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