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Interview mit Montenegros Ministerpräsident Milo Djukanovic

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Berichte Montenegro
Vor knapp zwei Jahren hat die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Montenegro ihre Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Sie erfolgte gegen den hinhaltenden Widerstand Serbiens aber auch der EU, die keine rechte Freude mit noch einem Staat auf dem Balkan hatte. Doch seither hat sich Montenegro weit besser geschlagen als erwartet. Mit Brüssel konnte das Abkommen über Stabilisierung und Assoziation unterzeichnet werden und auch auf dem Weg Richtung NATO macht das Land Fortschritte. Politisch ist Montenegro stabil; bei der Präsidentenwahl siegte vor zwei Wochen bereits im ersten Durchgang der Amtsinhaber und Kandidat der Regierungspartei DPS. Ihr Vorsitzender ist Ministerpräsident Milo Djukanovic, der Montenegro seit bereits fast 20 Jahren prägt. Mit ihm hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz gesprochen und folgenden Bericht über Montenegro, das „Land der Schwarzen Berge“ auf dem Weg Richtung EU und NATO gestaltet:

Montenegro zählt 740.000 Einwohner und ist etwas größer als das Bundesland Tirol. überragend sind dagegen viele führende Politiker, wie Milo Djukanovic, der fast zwei Meter groß ist. Djukanovic ist der am längsten dienende Spitzenpolitiker des ehemaligen Jugoslawien. Immer wieder wurde und wird er mit dem Vorwurf konfrontiert, Montenegro sei unter seiner Ära eine Drehscheibe des Zigarettenschmuggels gewesen; doch auch diese von ihm zurück gewiesenen Vorwürfe ändern nichts daran, dass es Djukanovic gelang, Montenegro weitgehend aus den Kriegen herauszuhalten und in die Unabhängigkeit zu führen. Wirtschaftlich entwickelt sich Montenegro seither gut; Die Arbeitslosigkeit ist auf 11 Prozent gesunken, im Vorjahr wuchs die Wirtschaft um sieben Prozent und die Zahl der Touristen steigt stetig an. Auf dem Weg Richtung EU hat das Land den serbischen Nachbarn schon überholt, und dieser Vorsprung soll auch gewahrt bleiben, betont Milo Djukanovic:

„Wir haben vor kurzem einen Entwurf für einen nationalen Plan für die EU-Integration von 2008 bis 20012 verabschiedet. Das spricht deutlich für unsere Ambitionen für die folgende Phase der EU-Annäherung. Ich erwarte, dass wir schon im Laufe dieses Jahres den Beitritt beantragen werden, und dass dieser Antrag auch von der EU akzeptiert wird. Dazu zählt, dass die Fristen für den Beginn der Verhandlungen mit der EU definiert werden. Wir glauben, dass wir bis 2012 alle Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der EU erfüllen können.“

Um dieses Ziel zu erreichen, muss Montenegro vor allem seine Justiz und seine Hoheitsverwaltung stärken und reformieren. Das Land hat 11.000 Beamte; vor allem Ältere können kaum Englisch und kaum mit einem Computer umgehen. Bei der Ausbildung der Beamten hilft auch Österreich; Montenegriner absolvieren Kurse in Wien und in Brüssel, um mit der EU vertraut zu werden, denn Montenegro muss in der Lage sein, EU-Gelder sinnvoll zu verwenden und das EU-Rechtssystem zu übernehmen:

„Das nationale Programm für die EU-Integration beinhaltet auch die völlige Anpassung des Rechtssystems in Montenegro an das Rechtssystem der EU. In Montenegro haben wir etwa 3.500 Rechtsvorschriften, in der EU haben wir etwa 18.000 Vorschriften. Unsere Aufgabe besteht daher darin, alles was in diesen Rechtsvorschriften der EU wichtig ist, in unser Rechtssystem zu übernehmen, damit wir in Montenegro mit den Rechtsvorschriften in der EU übereinstimmen.“

… sagt Djukanovic, der hofft, dass Montenegro bereits im kommenden Jahr des Status eines EU-Beitrittskandidaten erhält. Auf dem Weg Richtung Brüssel sollen vor allem die Erfahrungen von Slowenien und Kroatien genutzt werden. Montenegrinisch und Kroatisch sind Teil einer Sprachenfamilie, und so können etwa die Kosten für die Übersetzung des Rechtsbestandes der EU im Umfang von 100.000 Seiten weitgehend entfallen. Noch rascher als der EU will Montenegro der NATO beitreten, betont Djukanovic:

„In Bukarest haben wir die Einladung zum intensiven Dialog mit der NATO erhalten. Ich erwarte, dass wir rasch die Bedingungen erfüllen, um am Aktionsplan für die Mitgliedschaft teilnehmen zu können. Unser Ziel ist es, bis zum nächsten NATO-Gipfel, die Voraussetzungen zu schaffen, um die Einladung zur NATO-Mitgliedschaft sicherstellen zu können.“

Der nächste NATO- Gipfel ist im kommenden Jahr; Die etwa 2000 Mann starken Streitkräfte sind gerade im Aufbau, und die USA, andere NATO-Staaten aber auch Österreich helfen Montenegro dabei.

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