× Logo Mobil

Montenegro vor der Präsidentenwahl

Radio
MiJ
Berichte Montenegro
In Montenegro wird morgen der Präsident neu gewählt. Es ist das die erste Präsidentenwahl seit der Unabhängigkeitserklärung vor knapp zwei Jahren, mit der Montenegro den Staatenbund mit Serbien verließ. In diesem Sinne ist die Wahl auch ein gewisser Test für die Kräfteverhältnisse im knapp 700.000 Einwohner zählenden Montenegro. Klarer Favorit der Wahl ist der amtierende Präsident Filip Vujanovic, der ein eindeutiger Befürworter der Unabhängigkeit war. Gegen ihn treten drei Oppositionspolitiker an, von denen zwei pro-serbische Parteien führen. Wahlberechtigt sind in Montenegro 490.000 Wähler. Sollte kein Kandidat morgen die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreichen, findet in zwei Wochen eine Stichwahl statt. 800 lokale und internationale Beobachter werden die Wahl überwachen. Den Wahlkampf in Montenegro hat für uns unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz verfolgt, der auch den nachstehenden Bericht gestaltet hat:

Den Wahlkampf in Montenegro prägten noch immer die Themen, die vor dem Referendum über die Unabhängigkeit eine Rolle spielten. Dazu zählt das Verhältnis zu Serbien, die Frage, was die Unabhängigkeit gebracht hat, und ob Montenegro den Kosovo anerkennen soll. Hinzu kamen Korruption und Kriminalität, sowie die Dauerforderung der Opposition nach einem Regimewechsel. Denn die DPS, die Demokratische Partei der Sozialisten, regiert Montenegro, das etwas größer ist als das Bundesland Oberösterreich, seit fast 20 Jahren. An der Spitze der DPS steht Ministerpräsident Milo Djukanovic; sein Stellevertreter ist Präsident Filip Vujanovic. Im Wahlkampf vermied er das Thema Kosovo und verwies stattdessen auf die en Erfolge seit der Unabhängigkeit. Montenegro wurde in alle internationalen Organisationen aufgenommen; es nimmt am NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“ teil, und jüngst beim Gipfel in Bukarest begann die NATO mit Montenegro den so genannten „Intensiven Dialog“, mit dem die politischen Gespräche über eine Mitgliedschaft eingeleitet werden. Mit der EU unterzeichnete Montenegro das Abkommen über Stabilisierung und Assoziation, und überflügelte damit Serbien auf dem Weg Richtung EU. Seine Ziele formulierte Vujanovic so:

„Meine Vision für die kommenden fünf Jahre: Montenegro in der EU, und wir werden alle EU-Standards erreichen. In diesem Jahr werden wir den Antrag auf Mitgliedschaft stellen, mit Jahresende wollen wir die Abschaffung der Visa für die EU erreichen, damit unsere Bürger in die EU frei Reisen können wie alle EU-Bürger auch.“

Nach Umfragen kann Vujanovic mit mehr als 40 Prozent rechnen; ob es für den Sieg im ersten Wahlgang reicht, hängt auch von der Wahlbeteiligung ab. Vujanovics Hauptgegner ist Nebojsa Medojevic, der mit 25 Prozent rechnen kann. Er führt die „Allianz für den Wandel“, die vor allem jüngere und pro-serbische Anhänger hat, die aber bereit sind, die Unabhängigkeit zu akzeptieren. Medojevics Hauptforderung war daher rein innenpolitischer Natur:

" Ändern wir schließlich eine totalitäre, korrumpierte, überholte Führung, die nur ein Ziel hat: und zwar aus unserem Montenegro, in dem es Platz für alle gibt, und das ein Staat gleichberechtigter Bürger sein soll, ihren privaten Staat zu machen, in dem sie tun und lassen können, was sie wollen, und in dem wir freie Menschen Sklaven sein werden."

Medojevic und ein weiterer pro-serbischer Kandidat sind für die EU, aber für eine Volksabstimmung über einen NATO-Beitritt. Mit dem kompromisslostesten pro-serbischen Kandidaten, Andrija Mandic, verbindet sie die Forderung nach vorgezogenen Parlamentswahlen, sollten sie morgen siegen. Mandic ist jedoch ein strikter Gegner der Unabhängigkeit; bei seinen Kundgebungen waren nur serbische Fahnen zu sehen. Dementsprechend lautete Mandics Botschaft:

„Lasst uns solidarisch sein mit Serbien und mit unserem Volk im Kosovo. Ich werde als Präsident Montenegros den Kosovo niemals anerkennen, selbst wenn sich in Serbien einige Politiker finden sollten, die das tun. Ich werde Montenegro nicht in die NATO führen. Dort ist unserer Platz nicht; diese Jugend muss schaffen und uns Kinder schenken, aber nicht, im Irak und in Afghanistan Krieg führen.“

Mandic kann mit 20 Prozent der Stimmen rechnen; seine rückwärtsgewandte Politik ist in Montenegro aber nicht mehrheitsfähig. Schlagen könnte die Opposition Amtsinhaber Vujanovic nur, wenn sie in einer allfälligen Stichwahl geschlossen auftritt, doch das ist nicht zu erwarten. So ist Medojevic zwar ebenfalls gegen die Anerkennung des Kosovo, fordert aber von Mandic ein Bekenntnis zur Unabhängigkeit Montenegros. Die Wahllokale schließen morgen um 21 Uhr; seriöse Ergebnisse sind vor Mitternacht zu erwarten.

Facebook Facebook