× Logo Mobil

Wie funktioniert Serbien und Montenegro

Radio
Mittags Journal
Berichte Montenegro
Anfang Februar wurde der Staat mit dem Namen Jugoslawien endgültig Ge-schichte. An seine Stelle trat der Staatenbund Serbien und Montenegro, der nur über sehr wenig gemeinsame Kompetenzen verfügt. Ob das Gebilde lebensfähig sein wird ist offen, denn nach drei Jahren können Serben und Montenegriner in einem Referendum über die endgültige Scheidung ent-scheiden. Doch noch ist es nicht soweit und derzeit werden noch alle Insti-tutionen dieses Bundes gebildet. Präsident ist der Montenegriner Svetozar Marovic, ein sehr erfahrener Politiker. Mit ihm hat in Belgrad unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz über die Perspektiven des Staatenbundes gesprochen und folgenden Bericht gestaltet:

Als Staatspräsident Serbiens und Montenegros verdient Svetozar Marovic im Monat 27.000 Dinar, das entspricht etwa 430 Euro. Ausbezahlt bekommen hat Marovic sein erstes Gehalt zweifellos mit Verspätung, denn er ist Montenegri-ner. Doch Montenegro hat im Gegensatz zu Serbien seinen Anteil am Budget des Staatenbundes noch nicht einbezahlt; daher haben zunächst nur die serbi-schen Beamten des Staatenbundes ihre Gehälter bekommen. Dieser Umstand ist nur ein Indiz dafür, dass der Bund bei weitem noch nicht reibungslos funk-tioniert. Trotzdem ist Präsident Svetozar Marovic zufrieden:

„Ich bin Realist; ich glaube wir haben mehr erreicht als zu erwarten war, denn wir haben eine Gemeinschaft gebildet, die es nirgends auf der Welt gibt aus zwei Staaten die im Konflikt miteinander lagen. In nur zweieinhalb Monaten haben wir ganz neue Beziehungen. Das Vertrauen ist gestiegen und wir haben Institutionen, die die demokratische Mehrheit in Serbien und Montenegro repräsentieren.

Auf dem Weg Richtung EU haben Serbien und Montenegro einen Wirtschafts-raum zu bilden und damit alle Zölle zu harmonisieren. Die Verhandlungen sind weitgehend abgeschlossen; auch der Aktionsplan, der Art und Tempo auch der Harmonisierung regelt, steht weitgehend. Serbischen Experten befürchten jedoch, dass durch die Zollanpassungen die Landwirtschaft und einige Industriezweige beträchtliche Nachteile in Kauf nehmen müssen. Dazu sagt der Montenegriner Svetozar Marovic:

„Der Aktionsplan garantiert durchschnittliche Zolltarife, die etwas geringer oder höher als die Zollsätze in der EU sind. Das spricht dafür, dass wir damit Normen und Standards für die weiteren Schritte zur Europäisierung vorberei-ten. Einige in Serbien und Montenegro sagen, dass wird für uns nun eine Be-lastung sein. Ja, doch das ist der Kaufpreis für den Eintritt nach Europa.“

Ob es zu diesem gemeinsamen Eintritt kommt, ist noch nicht sicher. Denn ein Unabhängigkeitsreferendum nach drei Jahren ist möglich. Doch Marovic sieht offensichtlich durchaus die Chance, dass der Staatenbund Bestand hat:

„Das Referendum bleibt als demokratische Möglichkeit; denn kein Demokrat in einer Demokratie hat das Recht das Mittel des Referendums abzuschaffen. Ob es dazu kommt in drei Jahren? Ich denke, dass es unsere Aufgabe ist, dass es den Bürgern in drei Jahren besser geht. Dass die Lage ruhiger ist, dass wir demokratischer Institutionen haben, dass wir mit unseren Regeln näher bei Europa sind, dass mehr ausländisches Kapital in Serbien und Montenegro ist. Mir scheint, es ist logischer zu erwarten ist, dass in einer stabileren, fried-licheren, europäischeren Lage die Leute so überlegen werden, dass sie zu ihrem Besten und nicht dagegen entscheiden werden.“

Eindeutig entschieden haben sich Serbien und Montenegro für die Zusammen-arbeit mit dem Haager Tribunal. Die Beziehungen mit Den Haag haben sich spürbar entspannt. Doch der Montenegriner Svetozar Marovic bekennt sich nicht nur zur Zusammenarbeit, sondern auch zur Aufarbeitung der jüngsten Geschichte selbst:

„Nicht alle Soldaten oder Offiziere, die die Uniform der jugoslawischen Armee trugen sind schuldig; doch die Schuldigen müssen sich verantworten. Das Volk und die Öffentlichkeit müssen die Kraft haben zu sagen, das ist die schlechte Seite unserer Vergangenheit; wir müssen sie erkennen und sagen, dass sind wir nicht wirklich; denn wir wollen eine neue Zukunft, in der es keine Ängste, keine Kriege mehr gibt, sondern eine, wirtschaftliche und demokratische Zusammenarbeit mit offenen Grenzen und einen stabilen Balkan. Diesen Schritt können wir nicht tun, wenn wir uns nicht als Volk bewusst sind, dass wir uns der Vergangenheit stellen müssen, damit wir uns der Zukunft stellen können, denn damit stellt man sich der Realität.“
Facebook Facebook