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Montenegro/Djukanovic

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In der kleineren jugoslawischen Teilrepublik Montenegro beschließt das Parlament heute seine Auflösung und die Abhaltung vorgezogener Wahlen am 22. April. Den Anlaß für die vorgezogene Parlamentswahl bildete das Scheitern der Drei-Parteien-Koalition unter Präsident Milo Djukanovic. Die kleine, pro-serbische Volkspartei verließ die Regierung, weil sie mit dem Unabhängigkeits-kurs der anderen beiden Koalitionspartner nicht einverstanden war. Denn die Demokratischen Sozialisten von Präsident Djukanovic und die Sozialdemokra-ten befürworten die Löslösung von Serbien. Diesen Kurs unterstützt im Parlament auch die kleine Liberale Union. Strikt dagegen ist die größte Oppo-sitionspartei, die Sozialistische Volkspartei, SNP. Die SNP war bis zum Macht-wechsel in Belgrad ein treuer Verbündeter von Slobodan Milosevic, unterstützt aber nun den neuen jugoslawischen Präsidenten Kostunica. In Montenegro jedenfalls wird die Wahl ein erster Test für die Stimmung der Bevölkerung zur Frage der Unabhängigkeit sein. Über diese Wahl und die Zukunft Montenegros hat Christian Wehrschütz in Podgorica mit Präsident Milo Djukanovic gesprochen, hier sein Bericht:

In Montenegro beschließt das Parlament heute zwar seine Auflösung. In welcher Form die einzelnen Parteien jedoch zur Wahl am 22. April antreten werden, ist noch offen. Denn möglich ist, daß es zur Bildung eines pro-montenegrinischen und eines pro-serbischen Blocks und damit zu Wahlkoalitionen kommt. Über die besondere Bedeutung dieser Wahl sagt Montenegros Präsident Milo Djuka-novic:

„Diese Wahl dominieren nicht die Interessen der Parteien, sondern des Staates und zwar die Frage der internationalen Anerkennung. Ich glaube, daß wir so in die Lage kommen werden, die demokratische und europäische Entwicklung Montenegros voranzutreiben.“

Djukanovic befürwortet die Unabhängigkeit Montenegros. Über dessen Zusam-menleben mit Serbien sagt er:

„Die Geschichte zeigt, daß Montenegro und Serbien immer besser miteinander gelebt haben als zwei unabhängige Staaten als in einem Staat vereint. Den über-zeugendsten Beitrag für diese krisenhaften Erfahrungen bildet das Zusammen-leben im dritten Jugoslawien in den vergangenen neun Jahren.“

Djukanovic hat vorgeschlagen, daß Montenegro und Serbien unabhängig werden und dann eine lose Union bilden sollen. Über diese Frage will Djukanovic in Montenegro Ende Juni ein Referendum abhalten. Zu seinem Vorschlag sagt er:

„Wir denken, daß dieses Niveau an Integration für Montenegro annehmbar ist. Jedes höhere Maß an Integration mit Serbien birgt für Montenegro die Gefahr, daß es seine staatliche Identität verliert. Die Montenegriner sind sich ihrer langen staatlichen Tradition bewußt und daher nicht zu neuen Experimenten bereit, was die Existenz ihres Staates betrifft.“

Doch Serbien und vor allem die Europäische Union stehen diesen Plänen mit großer Skepsis gegenüber und befürworten einen Fortbestand Jugoslawiens. Zur Einstellung der internationalen Staatengemeinschaft sagt Djukanovic:

„Ich denke, daß die internationale Staatengemeinschaft dieser Entwicklung mißtraut, weil sie neue Konflikte und eine Destabilisierung auf dem Balkan befürchtet. Doch ich bin überzeugt, daß die Zeit der Kriege hinter uns liegt und daß es keine neuen Kriege mehr geben wird auf dem Balkan. „

Nicht gelten läßt Djukanovic das Argument, daß die Unabhängigkeit Monte-negros destabilisierende auf Bosnien, Mazedonien und den Kosovo wirken könnte. Zum Kosovo-Problem sagt Djukanovic:

„Das Kosovo-Problem ist nur langfristig zu lösen. Noch mindestens 10 Jahre wird der Kosovo ein Protektorat der UNO sein. Niemand kann von Montenegro verlangen, daß es 10 Jahre seiner Zukunft opfert, bis Belgrad, Pristina und die internationale Gemeinschaft eine Lösung gefunden haben. Außerdem ist es nicht klug, mehrere Probleme miteinander zu verknüpfen.“

Unter Druck geraten ist Djukanovic in jüngster Zeit nicht nur wegen seiner Unabhängigkeitspläne. Vor allem der italienische Justizminister hat ihm vor-geworfen mit der italienischen Mafia beim Zigarettenschmuggel zusammen-zuarbeiten. Montenegro hat diese Vorwürfe zurückgewiesen. Djukanovic selbst sagt dazu:

„Ich bin absolut sicher, daß diese Anschuldigungen politisch konstruiert sind und zwar mit dem Ziel, die internationale Anerkennung Montenegros zu ver-eiteln. Ich bestreite nicht, daß wird Probleme mit der Organisierten Kriminalität in Montenegro haben; doch sind diese nicht größer als in anderen Staaten Süd-osteuropas, sondern im Gegenteil sogar geringer.“

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