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Montenegro, Serbien, EU

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Bei seinem jüngsten Besuch in Belgrad war Havier Solana, EU-Beauftragter für die gemein-ame Außen- und Sicherheitspolitik, nach den Verhandlungen über die Zukunft Jugoslawiens gegenüber Journalisten besonders kurz angebunden aber optimistisch. Das zeigt, daß die Gespräche zwischen Vertretern Jugoslawiens und Serbens auf der einen und Vertretern Montenegros auf der anderen Seite in der entscheidenden Phase sind. Solanas Optimismus wiederum dürfte ein Indiz dafür sein, daß es ihm als Vermittler der EU bei diesen Gesprächen gelingen könnte, Montenegros Präsident Milo Djuka-novic zum Verzicht auf die Unabhängig-keit zu bewegen. Brüssel ist gegen die Loslösung Montenegros und lehnt auch das geplante Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro ab. Über den Stand der Verhandlungen berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz:

Seit mehr als zwei Monaten vermittelt die Europäische Union zwischen Serbien und Monte-negro, um eine Lösung der jugoslawischen Staatskrise zu erreichen. Ein Papier mit den Vor-stellungen der EU ist bisher nicht an die Öffentlichkeit gelangt; doch deutete Javier Solana, der EU-Beauftragte für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, in einem Beitrag für eine montenegrinische Zeitung die grundlegenden Neins der EU gegenüber Montenegro an: keine zwei Stühle in der UNO, sprich keine Unabhängigkeit, keine eigenen montenegrini-schen Streitkräfte, kein besonderes Zollwesen sowie mehrjähriges Moratorium für das Referendum inklusive Überprüfungsmechanismus für den Stand der Beziehungen nach einigen Jahren. Im Gegenzug solle sichergestellt werden, daß Serbien das viel kleinere Montenegro nie mehr dominieren kann und durchgeführte Reformen in beiden Teilrepubliken erhalten blieben. Was das im Detail heißt, ist noch unklar. Inoffizielle Informationen aus der EU und Artikel in serbischen Medien sprechen jedenfalls davon, daß der neue Staat „Union Serbien und Montenegro“ heißen und extrem lose sein könnte. Behalten dürfte Montenegro demnach mit dem Segen der EU den Euro, niedrigere Zollsätze als Serbien, ein eigenes Steuersystem sowie eine eigene Außenhandelspolitik behalten. Die Union könnte weder über Präsident noch Regierung, sondern nur über vier Minister verfügen und zwar für Vertei-digung, Außenpolitik, wirtschaftliche Integration und Binnenhandel.

Ob diese angeblichen EU-Vorstellungen von Montenegro und Serbien akzeptiert werden ist noch nicht sicher. Montenegros Außenminister Branko Lukovac bezeichnete die EU-Vor-schläge als „Zerrbild“ eines Staates sowie als großes Hindernis für Montenegro und Serbien. Widerstand regt sich jedoch nicht nur bei montenegrinischen Unabhängigkeitsbefürwortern, sondern auch in Serbien. Während Jugoslawiens Präsident Vojislav Kostunica die Vorschläge im Prinzip als annehmbar bezeichnete, sind führende serbische Reformer vor allem aus wirtschaftlichen Gründen dagegen. So sagte der serbische Finanzminister Bozidar Djelic zu den durchgesickerten Vorschlägen:

„Wir sollten keinen faulen Kompromiß oder einen wirtschaftlichen Frankenstein oder Quasimodo schaffen. Wir brauchen einen normalen Staat, denn, wie jemand sagte, Strenge Rechnung gute Freundschaft. Wir müssen ein System vermeiden, in dem es zu neuen Streitigkeiten kommen könnte, denn das brauchen wir wirklich nicht zwischen diesen so eng miteinander verbundenen Völkern.“

Und Notenbankpräsident Mladjen Dinkic sagte ein gemeinsamer Staat der wirtschaftlich völlig getrennt sei habe „keinen Sinn weder für Serbien noch als derartiger Staat“. Doch ein derartiger Staat könnte geschaffen werden; denn die EU kämpft massiv gegen den Zerfall Jugoslawiens, weil sie unter anderem eine Beispielswirkung für den Kosovo und die serbische Teilrepublik in Bosnien vermeiden will. Montenegros Präsident Milo Djukanovic wiederum, steht vor Lokal- und Präsidentenwahlen, hat somit nur geringen Handlungsspielraum, könnte aber wohl mit einem derartigen Kompromiß leben. Das muß nicht für die serbischen Reformer gelten; für sie könnte es schwierig sein eine Übergangslösung zu akzeptieren, bei der Montenegro die Rosinen des Kuchens erhält und Serbien den Sauerteig.
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