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Nicht nur in der EU

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Nicht nur in der EU auch in der kleineren jugoslawischen Teilrepublik Montenegro läuft die Euro-Umstellung auf Hochtouren. Mehr als 46 Millionen Euro sind bereits gewechselt worden, das entspricht etwa einem Viertel der Geldmenge. Die nach Unabhängigkeit von Serbien strebende Führung Montenegros betrachtet den Euro als weiteres Mittel zur Loslösung von Belgrad und zur Annäherung an Brüssel. Aus diesem Grund wurde vor zwei Jahren der Dinar durch die DM ersetzt, die nun in Euro umgetauscht wird. Doch Montenegro ist in der Frage der Unabhängigkeit gespalten und auch Serbien und der Westen sind für den Fortbestand Jugoslawiens. Der Euro könnte somit nur ein kurzes Gastspiel in Montenegro haben, wenn die Unabhängigkeitsbefürworter das geplante Referendum verlieren. Für diesen Fall könnte Montenegro eine weitere Währungsumstellung bevorstehen, denn Belgrad beharrt auf dem Dinar als Einheitswährung. Über die Frage der Währung wird am 4. Februar auch in Brüssel gesprochen. An diesem Tag verhandeln Vertreter Serbien und Montenegros unter der Vermittlung der EU neuerlich über einen möglichen Fortbestand Jugoslawiens. Diesen Ge-spräche soll noch eine letzte Gipfelrunde im Februar folgen . Über die Lage in Montenegro hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz folgenden Bericht gestaltet:

Text:

„Der Euro, unser Geld, mit dem Euro näher an Europa“, so wird auf Plakaten in Montenegro für die neue Währung geworben. Fernsehspots zeigen den Weg vom Dinar, über DM und Euro zur künftigen Mitgliedschaft des unabhängigen Montenegro in der EU. So wirbt die Führung Montenegros für den Euro, denn die europäische Währung soll auch die Befür-worter der Unabhängigkeit von Serbien stärken. Doch Montenegro könnte noch in diesem Jahr die Rückkehr zum Dinar bevorstehen, wenn es bei Serbien bleibt. Denn die Führung in Belgrad beharrt für diesen Fall auf einer gemeinsamen Währung. Darin wird Belgrad auch von der EU unterstützt, die Jugoslawien erhalten will. So sagte Havier Solana, zuständig für die Gemein-same Außenpolitik der EU nach den jüngsten Verhandlungen zwischen Montenegro und Serbien in Belgrad:

„Es ist sehr schwer, in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum und in einem gemeinsamen Land mehr als eine Währung zu haben. Doch das ist keine große Schwierigkeit. Es gibt viel mehr Euros in Belgrad und Serbien als in Montenegro; das ist logisch, denn Serbien ist ein viel größeres Land.“

Mit anderen Worten: der viel größere serbische Geldmarkt würde die montenegrinischen Euro leicht absorbieren und durch Dinar ersetzen. Auch die pro-serbische Opposition in Monte-negro ist für eine gemeinsame Währung mit Serbien und natürlich für den Erhalt Jugosla-wiens. Wie die pro-serbische Opposition und die Führung in Belgrad tritt auch die EU für ein demokratisches Montenegro in einem demokratischen Jugoslawien ein. Ob die Unabhängig-keitsbefürworter in Montenegro, allen voran Präsident Milo Djukanovic, diesem Druck stand-halten, wird spätestens Ende Februar nach Abschluß der Verhandlungen klar sein. Die staat-lichen Medien und Djukanovics Partei DPS sind jedenfalls nach wie vor auf striktem Unab-hängigkeitskurs. Zur Position der EU, die für eine gleichberechtigte Föderation eintritt, sagt Djukanovic:

„Die EU steht hinter eine Lösung die im Leben unmöglich ist. Eine Föderation zwischen Serbien und Montenegro ist unmöglich, denn Serbien ist je nach Berechnung zwischen 15 und 18 Mal größer als Montenegro. Föderation oder Gemeinschaft unabhängiger Staaten ist daher das falsche Dilemma. Das richtige lautet Zentralstaat oder Unabhängigkeit, die auch eine Gemeinschaft unabhängiger Staaten sein kann. Für uns ist völlig klar was ein Zentralstaat bedeutet. Darin muß Montenegro nicht aus politischen sondern rein mathematischen Gründen seine nationale und kulturelle Identität verlieren.“

Den Verhandlungen mit der EU räumt Djukanovic daher wenig Chancen ein. Seine Versuche, Belgrad zu einer Union souveräner Staaten nach dem tschechisch-slowakischen Modell zu bewegen, sind bisher am Widerstand Belgrads und Brüssels gescheitert. Djukanovic erwartet daher, daß es im April oder Mai zum bereits mehrmals verschobenen Referendum über die Unabhängigkeit kommen wird. Der montenegrinische Präsident ist nach wie vor bestrebt, mit dem pro-serbischen Oppositionsbündnis „Gemeinsam für Jugoslawien“ eine Einigung über die Bedingungen für das Referendum zu finden. Gleichzeitig stellt Djukanovic nun aber auch der Opposition die Rute ins Fenster:

„Wir werden vor allem vor der internationalen Öffentlichkeit alles tun um zu zeigen, wie sehr wir uns um einen Kompromiß mit der Opposition bemüht haben. Doch wenn sie sich für Obstruktion und Boykott entscheidet, können wir nicht viel helfen. In diesem Fall werden wir das Referendum auf der Basis eines Gesetzes organisieren, das internationalen Standards entspricht. Auch zur Durchführung des Referendums werden wir internationale Beobachter einladen, die überwachen ob es regulär ist und wir werden sicherstellen, daß jeder Bürger und Wähler in Montenegro daran teilnehmen kann.“

Präsident Milo Djukanovic steht unter wachsendem Zeitdruck. Im Oktober muß er sich spätestens der Wiederwahl stellen. Angesichts der tristen Wirtschaftslage könnte die Unab-hängigkeit seine einzige Trumpfkarte sein. Daher dürfte Djukanovic wohl trotz des Drucks der EU am Referendum festhalten, das er so oft versprochen hat, um in Montenegro nicht zwischen alle Fronten zu geraten. Die pro-serbische Opposition versucht diese Zwangslage zu nützen. Predrag Bulatovic, SNP-Parteivorsitzender und wichtigster Politiker der pro-serbischen Allianz, rechnet trotzdem nicht damit, daß Djukanovic einseitig vorgehen wird:

„Unter der Bedingung daß Djukanovic einseitig in das Referendum hineingeht wird das sehr schlecht für Montenegro und die Region sein. Das könnte eine komplette Destabilisierung , zunächst politische Zusammenstöße und dann auch Zusammenstöße anderer Art bedeuten. Ich erwarte, daß Djukanovic keine einseitigen Schritte setzt, denn das wäre ein sehr großes Risiko für ihn und schließlich würde das die internationale Gemeinschaft nicht zulassen, denn dann gebe es einen neuen Krisenherd. Wenn Djukanovic das Referendum im Alleingang durchführt, würde sich die Frage eines Boykotts nicht stellen, weil es zuvor zur Destabilisier-ung in Montenegro selbst käme.“

Diese Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen: So kam es in der Stadt Berane im Osten Montenegros bereits zu Zusammenstößen zwischen pro-serbischen Demonstranten und der Polizei. Auch ein Bombenanschlag wurde auf die Wohnung des lokalen Polizeichefs verübt, und Bücher über Montenegro, wurde aus einer Bibliothek in Berane gestohlen und verwüstet.

Predrag Bulatovic lehnt daher einen Boykott eines Referendums ab und ist durchaus verhand- lungsbereit. Schlüsselfrage ist dabei die erforderliche Mehrheit beim Referendum. Zur Po-sition seiner Partei sagt Bulatovic:

„Unser Position ist, daß für eine Entscheidung über die Unabhängigkeit 50 Prozent plus eine Stimme aller Wahlberechtigten nötig ist; oder ein Modell 60 zu 40 der abgegebenen Stimmen, d.h. daß als zweite Variante 60 Prozent der Wähler, die am Referendum teilnehmen für die Unabhängigkeit sein müssen.“

Auch die pro-serbische Opposition räumt den Gesprächen über die Zukunft Jugoslawiens unter Vermittlung der EU kaum Chancen auf Erfolg ein. Trotzdem will sie mit Djukanovic über das Unabhängigkeitsreferendum erst wieder sprechen, wenn diese anderen Verhand-lungen auf offiziell gscheitert. Für diesen Fall tritt die Opposition dafür ein, die EU in die Gespräche über das Referendum einzubinden. Djukanovic selbst ist zu einer Einigung mit der Opposition und sogar zu einer großen Koalition bis zur Abhaltung des Referendums bereit; er steht jedoch unter dem Druck seiner beiden kleineren Koalitionspartner, die weitgehende Zu-geständnisse ablehnen. Trotzdem ist eine Einigung wohl noch möglich. Sollte es dazu kom-men, soll wiederum der Euro eine wichtige Rolle in der Kampagne der Unabhängigkeitsbe-fürworter spielen. Präsident Djukanovic:

„Sogar jene Bürger Montenegros, die für die Bewahrung des gemeinsamen Staates mit Serbien sind, sind nicht für die Rückkehr zum Dinar. Denn viele dieser Leute haben bereits in den vergangenen Jahren von der Verwendung der DM als Zahlungsmittel in Montenegro profitiert.“

Ob diese Rechnung aufgeht ist offen, denn die Wirtschaftslage ist triste, viele Montenegriner haben zunehmend andere Sorgen als die Unabhängigkeit und auch so manche Unabhängig-keitsgegner sehen im Euro keine Lösung:

Mann:

„Es ist lächerlich. Man kann nicht nur mit dem Euro nach Europa gelangen. Viele andere Dinge müßten besser sein. Zuerst hätten sie ein besseres Leben schaffen und dann den Euro einführen sollen.“

Frau:

„Der Euro ist keine Lösung weder bezüglich Jugoslawien noch auf dem Weg nach Europa.“

Diese Meinung teilt auch der montenegrinische Wirtschaftsexperte Nebojsa Medojevic, der über Wechsel von DM zum Euro sagt:

„Das ist mehr oder weniger eine technische Frage. Man hat keine gesunde Wirtschaft wegen einer gesunden Währung, sondern umgekehrt. Eine gesunde Währung hat man nur mit einer gesunden Wirtschaft, mit Stabilität und Wachstum.“

Angesichts der Spaltung der Montenegriner in der Frage der Unabhängigkeit sind Prognosen über den Ausgang eines Referendums kaum möglich. Schuld an dieser Lage ist auch der Westen. Er unterstützte in der Ära von Slobodan Milosevic die Loslösung Montenegros vom Belgrader Einfluß. Mit Milosevics Sturz änderten EU und USA ihre Haltung. Das Problem, vor dem Montenegro seither steht, beschreibt Präsident Milo Djukanovic so:

„Nach dem Abgang von Milosevic stand Moetenegro vor einem Dilemma. Entweder es entsagt allen Kompetenzen die es nun hat wie Geldpolitik, Zoll-, Außen- und Sicherheits-politik, kehrt zu Belgrad zurück und wird Teil eines Staates, oder Montenegro wird ein international anerkannter Staat, der all diese Kompetenzen hat.“

Diese Dilemma wird wohl noch heuer gelöst werden. Das grundlegende Interesse des Westens sollte dabei jedoch nicht in der Bewahrung Jugoslawiens, sondern in der Erhaltung der Stabilität am Balkan liegen.

Predrag Bulatovic:

„Man muß eine Währung haben. Ob das der Dinar ist oder Jugoslawien den Euro einführt ist für mich eine Frage der politischen Beurteilung und kein Problem. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn Jugoslawien den Euro einführt.“

Milo Djukanovic :

„Wenn ich mir auf der Basis des bisherigen Verhandlungsstandes ein Urteil erlauben darf ist es schwer zu glauben, daß die Gespräche zu einer gemeinsamen Lösung führen könnten, die die Notwendigkeit eines Referendums ausschließen könnten.“

Nebojsa Medojevic:

„Die schwierige Wirtschaftslage führt zum Fall der Popularität aller politischen Optionen. Die Zahl der Wahlverweigerer wächst und das Vertrauen der Bürger in die regierenden aber auch in die oppositionellen Parteien sinkt. Das heißt, daß es zur herrschenden Oligarchie keine Alternative in der Opposition gibt und das bedeutet wiederum, daß die Bürger zwar die Regierung für die harte Lage verantwortlich machen, aber in der Opposition niemanden sehen, der die Wirtschaftsprobleme lösen könnte. So haben wir die seltsame Lage, daß die Werte der Regierung fallen, die der Opposition jedoch nicht steigen.“
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