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20250113 ORFIII Kroatien nach der Stichwahl um Präsidentenamt Wehr Mod

Fernsehen
ORF III
Berichte Kroatien

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kroatien

Insert1: Vesna Pusic, ehemalige kroatische Außenministerin

Insert2: Zoran Milanovic, neuer und alter Präsident in Kroatien

Insert3: Vesna Pusic, ehemalige kroatische Außenministerin

Insert4: Zoran Milanovic, neuer und alter Präsident in Kroatien

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Erdrutschsieg ist das passsende Wort für die Sieg von Zoran Milanovic bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in Kroatien. Seine Positionierung als massiver Kritiker der konservativen Regierungspartei HDZ unter Ministerpräsident Andrea Plenkovic lohne sich; der Konflikt zwischen den beiden prägt seit fünf Jahren das politische Leben in Kroatien. Betroffen ist davon die Außen- und Sicherheitspolitik, doch weltanschauliche Gegensätze sind offensichtlich nicht der entscheidende Faktor:

Vesna Pusic 12:34
„Persönliche Eitelkeit ist absolut dominant. Ich denke jedoch, dass es auch einen politischen Unterschied gibt, und zwar in Bezug auf die EU, also nicht in Bezug auf die Ukraine und Russland, was oft betont wird, weil das viel dramatischer ist. Hier gibt es nur eine unterschiedliche Rhetorik, de facto, und den Versuch, eine, sagen wir, mildere Haltung von einer Seite zu nutzen, um sie dann zu radikalisieren oder umgekehrt. Aber in Bezug auf die EU denke ich, dass Plenković viel enthusiastischer und viel positiver ist hinsichtlich der europäischen Einheit und einer Koordination auf europäischer Ebene als Milanović, und das von Anfang an. Kroatien trat der EU bei, als Milanović Regierungschef war. Ich war damals Ministerin für auswärtige und europäische Angelegenheiten und erinnere mich gut an seine reservierte Haltung gegenüber der EU.“

Diese Haltung formulierte Zoran Milanovic auch nach seiner Stimmabgabe, als er sich gestern den Journalisten stellte. Auf die Frage des ORF zur demokratischen Entwicklung am Westbalkan und in der EU sagte er:

Zorn Milanovic 44'9 - Demokratie und Putin-Versteher - 1'28'5 - 1'38'1
"Die Verteidigung der Demokratie besteht nicht daran, dass man jedem, der anders als Du denkst, das Etikett verpasst, dass er für die Russen und für Putin ist. Diese Methode ist in Wirklichkeit totalitär. Leicht ist es, jemandem ein Etikett umzuhängen. Ich bin lange in der Politik und kenne viele Menschen auf der Welt und in Europa; wenn ich sehe, wie einige Politiker tituliert werden, wie sie tatsächlich beschmutzt werden, muss ich sagen, sie sind nicht perfekt aber nicht so. Nehmen wir die Slowakei, wir kennen uns seit 20 Jahren. Sie haben sich nicht radikal-kopernikanisch in ein paar Jahren gedreht, sondern die Umstände sind anders. Somit ist das sogenannte demokratische Europa, das Brüsseler Europa, auf vielen Bereichen autokratisch und nicht repräsentativ."

Doch in Brüssel dominiert als Vertreter Kroatiens Ministerpräsident Andrea Plenkovic, der an den Sitzungen des Rates teilnimmt. Der kroatische Präsident spielt da keine Hauptrolle. Unter welchen Umständen könnten sich die Unterschiede zwischen Plenkovic und Milanovic somit in der EU auswirken?

Vesna Pusic 12:34

„Diese Differenz könnte eine Rolle spielen, wenn die EU die Aufgaben annimmt, die sie annehmen sollte, weil eine andere Zeit gekommen ist. Die EU sollte heute auch eine sehr erfolgreiche Verteidigungsgemeinschaft sein, denn ohne starke Verteidigung gibt es heute keine Demokratie. Auf dieser Ebene ist die EU sehr hinterher. Die Koordination in Verteidigung, der Sicherheitsdienste und der Rüstungsindustrie ist praktisch nicht vorhanden. Das ist ein Thema, mit dem sich die EU jetzt befassen sollte, insbesondere im Hinblick auf US-Präsident Donald Trump. Wenn das passiert, könnte diese Differenz eine Rolle spielen.“

Klar ist, dass der im Amt bestätigte kroatische Präsident seine Positionen zur EU trotz mancher Kritik klar vertreten und auf seine Kompetenzen bestehen wird:

Zoran Milanovic 6'01'5 - Komintern und Inquisition - 6'42'9
„Wenn du nicht wie ich denkst, bist du ein Feind. So wurde in der Komintern gedacht und zur Zeit der Inquisition. Das ist nicht das moderne Europa, in dem ich leben werde, in dem ich arbeiten werde. Ich werde es ändern. So viel ich kann, als Präsident eines kleinen Staates. Kroatien braucht die Rückkehr in seine verfassungsmäßige Ordnung. In der Außenpolitik werde ich gleichberechtigt sein, denn das sagt die Verfassung. In der Verteidigung und nationalen Sicherheit werde ich dominant sein, denn das sagt die Verfassung im Verhältnis zur Regierung. Um diese beiden Dinge geht es, etwas Drittes gibt es nicht.“

Die Kohabitation von Präsident und Regierungschef wird weiter von Konflikten, harten Worten und Untergriffen geprägt sein, doch daran haben sich die Kroaten in den vergangenen fünf Jahren bereits gewöhnt.

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