20250111 FJ7 Kroatien Stichwahl um das Präsidentenamt Wehrschütz Mod
Stell Dir vor, es gibt eine Wahl aber davor de facto keinen Wahlkampf. So lässt sich die Lage in Kroatien zwischen dem ersten und dem zweiten Durchgang beschreiben. Plakate der Kandidaten sind Mangelware, Kundgebungen auch, steht doch das Ergebnis nach menschlichem Ermessen praktisch fest. Höhepunkt war die einzige TV-Konfrontation fünf Tage vor der Wahl. Zwei Redakteure befragten die Kandidaten zu den Themen Verteidigung und Sicherheit, Weltanschauung, Demographie und Außenpolitik. Die Debatte wurde sehr untergriffig geführt; dabei kritisierte Dragan Primorac den Amtsinhaber wegen seines völlig zerrütteten Verhältnisses zu Regierungschef Andrea Plenkovic, das sich auf die Armee und die Außenpolitik auswirke. So sagte Dragan Primorac:
Primorac 5'47 - Probleme Armee - 6'24'7
"Wir hatten eine Reihe von Präsidenten aber niemals Probleme; sie entstanden erst durch Sie. Alle Probleme sind auf die fehlende Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und der Regierung zurückzuführen. Das ist eine Frage der Verantwortung und der Glaubwürdigkeit des Präsidenten und seiner Fähigkeit, ein Faktor der Stabilität zu sein, und nicht ein Faktor der spaltet."
Zoran Milanovic wiederum stellte seinen Gegenkandidaten als Handlanger von Ministerpräsident Plenkovic und der HDZ dar. Er Milanovic sei der einzige Wahrer der Interessen des kroatischen Volkes, während die Heimat von Primorac Amerika sei. Seine kritische Haltung zur EU formulierte der Amtsinhaber als Antwort auf die Frage, ob die EU dem Problem der Migration gewachsen sei; Zoran Milanovic:
Milanovic 1'41'08'0 - Ist EU der illegalen Migration gewachsen? - 1'41'58'0
"Nein, und zwar, weil es eine Gier vor zehn Jahren gab. Damals habe ich als Regierungschef 800.000 Migranten durch Kroatien nach Deutschland durchgelassen, weil das Angela Merkel so wollte; sie verlangte von mir, dass in Kroatien zwischen 50.000 und 60.000 Personen bleiben. Doch ich habe nur in kroatischem Interesse gehandelt. Mangelnde Reife und der Drang der Europäer und der Brüsseler immer moralisch überlegen zu sein, jedem eine Lektion über Menschenrechte und Standards zu erteilen, führten dazu, dass wir weiße Menschen und westliche Christen in der Welt auf immer mehr Antipathie stoßen, während wir in der Realität weder ein Königsmacher noch ein wirklicher Faktor sind."
Milanovic ist kein Gegner der EU-Mitgliedschaft Kroatiens; doch bei nationalen Themen ist er durchaus auch für nationalkonservative Wähler attraktiv, während Primorac jeder Stallgeruch für die HDZ-Basis fehlt. Auch daher dürfte der Ausgang der Wahl eine klare Sache für Milanovic sein.