× Logo Mobil

Kroatien zwischen COVID und Erdbeben

Radio
MiJ
Berichte Kroatien

Für Kroatien, eines der liebsten Urlaubsländer der Österreicher, kann es heuer eigentlich nur besser werden. Denn der Jänner war ein furchtbarer Monat für das Land. Die Corona-Neuinfektionen waren sehr hoch, und dazu kam Ende Jänner noch das furchtbare Erdbeben, das vor allem den Raum um die Stadt Sisak südlich von Zagreb massiv getroffen hat. Kroatien hofft, dass der Tourismus heuer wieder zu einer Verbesserung der Wirtschaftslage führen wird; doch das hängt stark von der Corona-Entwicklung und dem Grad der Durchimpfung in Kroatien und seinen wichtigsten EU-Märkten ab, wo derzeit Impfstoff eher Mangelware ist. Aus Kroatien berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Das Städtchen Petrinje liegt in der Nähe von Sisak. Die 20.000 Einwohner zählende Stadt wirbt mit dem Motto „Eine kleine Stadt mit großem Herzen“ um Touristen. Wir sehr dieses Herz wundgeschlagen ist, zeigen die enormen Schäden an allen Gebäuden. Praktisch jedes Haus im Zentrum weist Sprünge oder noch schwerere Schäden auf. Die Aufräumarbeiten sind im Gange, Häuser werden eingerüstet, Trümmer beseitigt. Getroffen hat das Erdbeben eine der ärmsten Regionen Kroatiens, die auch unter dem Krieg vor 25 Jahren massiv gelitten hat. Abwanderung und Überalterung sind ein massives Problem. Dagegen kämpft Bürgermeister Darinko Dumbovic durch den zielgerichteten Einsatz von Mitteln aus EU an. Das Erdbeben bedeute einen massiven Rückschlag für diese Bemühungen, sagt Darinko Dumbovic:

Dumbovic: 10'34 - EU-Projekte und Exporte - 11'09 - 11'09'4 (26)

"Wir haben 150 Millionen Euro durch EU-Projekte bekommen. Ein Teil der damit gebauten Objekte ist zerstört. Wir waren bestrebt, wirtschaftlich und bei der Energieversorgung stabil zu sein. Dieses Bestreben hat nun einen Rückschlag erlitten. Andererseits führen wir viel Rohholz aus; damit entwickeln wir die Entwickelten, doch wir bleiben unterentwickelt."

Kroatien zählt mit knapp 65 Prozent des durchschnittlichen Lebensstandards der EU nach wie vor zu den Schlusslichtern in der Europäischen Union. Gut positioniert haben sich die Autozuliefer- und die metallverarbeitende Industrie. Durch die Folgen der Corona-Krise brach die Wirtschaftsleistung im Vorjahr um 10 Prozent ein. Einen Aufschwung begünstigen könnte die massive EU-Hilfe für die Erdbebenopfer, betont in Agram der Wirtschaftsexperte Damir Novotny:

Damir Novotny 12'50 - Bauwirtschaft im Plus - 13'33 (33)

"Wir erwarten eine steigende Nachfrage in der Bauwirtschaft wegen des Wideraufbaus jener Gebäude, die vom Erdbeben betroffen sind. Die EU hat eine große Hilfe aus dem Solidaritätsfonds zugesagt; diese Mittel treffen bereits ein; daher erwarten wir nicht nur steigende Nachfrage in der Bauwirtschaft, sondern auch für die Innenausstattung dieser beschädigten Gebäude, was sehr positive Folgen für die gesamte Wirtschaft haben kann."

Doch der entscheidende Wirtschaftsfaktor ist und bleibt der Tourismus; er brach im Vorjahr Corona-bedingt um 50 Prozent ein, ein für Experten noch immer passables Resultat. Um die entscheidenden Monate von Juni bis Oktober zu retten, sind in Kroatien derzeit alle Restaurants und Kaffees geschlossen. Die große Frage ist, wie erfolgreich in den kommenden Monaten nicht nur in Kroatien die Durchimpfung verlaufen werde, erläutert der Leiter des Instituts für Tourismus, Damir Kresic:

Damir Kresic 10'36 - Nachteil Kroatiens - 11'11'8 (28)

"Länder wie Österreich und Italien haben eine sehr starke touristische Inlandsnachfrage. Kroatien hat das nicht, weil unser Pro-Kopfeinkommen relativ niedrig ist, und Kroaten nicht so viel im Land reisen wie das bei Österreich und Italien der Fall ist. Somit können wir einen Mangel ausländischer Touristen nicht so leicht kompensieren, wie andere Länder, die unsere Konkurrenten am europäischen Markt sind."

Denn im Falle massiver Reisebeschränkungen dürften viele ausländische Gäste ausbleiben, eine Erfahrung die Kroatien bereits Mitte August des Vorjahres machen musste.  

Facebook Facebook