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Wahlnachlese und COVID19

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Kleine Zeitung
Berichte Kroatien

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! Dieses Sprichwort gilt auch für die Parlamentswahlen in Kroaten; sie haben am Sonntag jedenfalls ein für die Meinungsforscher völlig unerwartetes Ergebnis gebracht. Nichts wurde es aus dem vorhergesagten knappen Rennen zwischen der konservativen Regierungspartei HDZ unter Ministerpräsident Andrej Plenkovic und dem Siebenparteienbündnis mit dem SDP-Vorsitzenden Davor Bernadic als Spitzenkandidaten. Schließlich gewann die HDZ 13 Sitze hinzu und liegt mit 66 Abgeordneten klar vor dem SDP-Bündnis, das drei Sitze verlor und nun bei 41 Mandaten im Parlament hält.

Dieses Ergebnis ist umso überraschender, betrachtet man die Prozentzahlen und die Zahl der Stimmen, die für die HDZ abgegeben wurden; sie erreichte 37 Prozent, und legte nur einen Prozentpunkt zu. Auf diese Regierungspartei entfielen 621.000 Stimmen, das sind um 60.000 Stimmen weniger als im Jahre 2016; das ist das zweitschlechteste Ergebnis in den vergangenen 20 Jahren. Natürlich gilt es dabei die massive Auswanderung aus Kroatien zu berücksichtigen, trotzdem hat der große Sieg der Regierungspartei mehrere Väter. Dazu zählt zunächst das Wahlrecht; in Kroatien gibt es zehn Wahlkreise, und damit de facto zehn Wahlen; in jedem Wahlkreis muss die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen werden. Schneiden andere Parteien noch schlechter ab, so siegt eben die relativ beste. Ein gutes Beispiel ist Agram, wo die HDZ zum ersten Mal seit Menschengedenken vor den Sozialdemokraten klar den ersten Platz belegt; zu verdanken hat das die HDZ dem linksgrünen Bündnis „Mozemo“ (Wir können). Es liegt mit mehr als 20 Prozent nur sehr knapp hinter den Sozialdemokraten, die klar hinter der Regierungspartei den zweiten Platz belegten.

Zugunsten der HDZ wirkten sich auch die Wahlbeteiligung und die Urlaubszeit aus; die Vorverlegung der Wahl durch Ministerpräsident Andrej Plenkovic erwies sich als erfolgreicher Schachzug. Denn linke Wähler sind an sich weniger diszipliniert als HDZ-Wähler; zweitens senkte die Angst vor dem Corona-Virus die Wahlbeteiligung, die mit 46 Prozent einen historischen Tiefststand erreichte. Hinzu kamen Eigenfehler der SDP, die ein Bündnis mit Mini-Parteien ohne Infrastruktur bildete und dadurch auch bekannte Sozialdemokraten entweder gar nicht oder nur auf schlechten Listenplätzen aufstellte. Die SDP führte im Gegensatz zur HDZ keinen personalisierten Wahlkampf; ihr Spitzenkandidat Davor Bernadic schnitt vor allem in der letzten TV-Konfrontation in einem Privatsender zwei Tage vor der Wahl deutlich schlechter ab als Plenkovic. Diese Duellsituation verstärkten die zwei Privatsender, die zu diesen Konfrontationen keine anderen Parteien einluden. Die Kroaten wählten somit den bekannteren und besseren Amtsinhaber als den schwachen Oppositionsführer, der bereits seinen Rücktritt angeboten hat. Gestärkt wurde die HDZ trotz steigender COVID-19-Zahlen auch durch den Krisenstab, der tägliche Medienauftritte hatte, und in dem mit dem Innen- und Gesundheitsminister führende HDZ-Politiker vertreten sind.

Mit 66 Mandaten fehlen der HDZ noch zehn Sitze auf die absolute Mehrheit; das sollte für den Regierungschef kein Problem sein, analysiert die frühere Ministerpräsidentin Jadranka Kosor, die Kroatien in die EH geführt hat: "Andrej Plenkovic kann jetzt mit den acht Abgeordneten der Nationalen Minderheiten und noch zwei Stimmen von Mini-Parteien die Regierungsmehrheit bilden. Das wird eine sehr knappe Mehrheit sein, aber ich bin sicher, dass viele Abgeordneten, insbesondere bei der Heimatbewegung von Miroslav Skoro, zum Sieger überlaufen werden; für sie zählen nur persönliche Interessen."

Denn die Heimatbewegung des Nationalisten und ehemaligen Sängers Miroslav Skoro schnitt mit 16 Mandaten schlechter ab als erwartet; obwohl am dritten Platz kann Skoro wegen der Stärke der HDZ und der Schwäche der SDP nicht die Rolle eines Königsmachers spielen. Weiter Überläufer könnte die HDZ auch aus dem SDP-Bündnis von den Miniparteien bekommen. Politische Prinzipientreue ist in Kroatien selten. Außenminister Gordna Grlic Radman (HDZ) rechnet jedenfalls mit einer sehr raschen Regierungsbildung, wollte aber gestern kein konkretes Datum nennen.

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