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Kroatien vor der ersten Runde der Präsidentenwahl

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Berichte Kroatien

In Kroatien findet am Sonntag die erste Runde der Präsidentenwahl statt; wahlberechtigt sind 3,7 Millionen Bürger in Kroatien und noch etwa 180.000 Auslandskroaten, die Hälfte von ihnen lebt im Nachbarland Bosnien und Herzegowina. Um all diese Stimmen werben 11 Kandidaten, von ganz links bis ganz rechts. Doch acht dieser Bewerber sind reine Zählkandidaten; nur drei haben nach allen Umfragen die Chance, die Stichwahl am fünfen Jänner zu erreichen, weil eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang praktisch ausgeschlossen ist. Diese drei Kandidaten sind: erstens Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarovic, die von der stärksten Regierungspartei, der nationalkonservativen Partei HDZ unterstützt wird. Ihre stärksten Konkurrenten sind der frühere sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic und der nationalistische Sänger, das ehemalige HDZ-Mitglied Miroslav Skoro; die gestern von der Agentur Puls veröffentlichte Umfrage deutet auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Grabar-Kitarovic und Milanovic hin; demnach käme die Amtsinhaberin auf 27,9 Prozent und Milanovic auf 26,7 Prozent.

Miroslav Skoro hat demnach deutlich an Stimmen verloren und hätte mit 19,3 Prozent keine Chance mehr, in die Stichwahl einzuziehen. Skoro hat einen hohen Bekanntheitsgrad; zu Beginn des Wahlkampfs lagen seine Umfragewerte deutlich höher, weil viele Kroaten die alten politischen Eliten satt haben, und immer wieder für Quereinsteiger stimmen. Der 57-jährige in Osijek geborene Skoro präsentierte sich auch als Bewerber, der für all jene HDZ-Anhänger eine Alternative ist, denen die Präsidentin und HDZ-Vorsitzender, Ministerpräsident Andrej Plenklovic zu wenig nationalistisch sind. So kündigte der Sänger an, im Falle seiner Wahl den wegen Kriegsverbrechen verurteilten ehemaligen Milizenführer Tomislav Mercep begnadigen zu wollen; diese Aussage stieß auf massive Kritik in Kroatien; hinzu kam der blasse Auftritt des Sängers bei der einzigen TV-Konfrontation aller 11 Kandidaten; dadurch könnte Skoro seine Chancen auf die Stichwahl verspielt haben – sein Motto: „Jetzt oder nie“ – „Geben wir Kroatien dem Volk zurück“, könnte somit am Sonntag mit „Nie“ beantwortet werden.

Generell war der Wahlkampf in Kroaten farblos; er fand auch mehr in den sozialen Netzwerken, durch Bürgerkontakte und durch die TV-Berichterstattung statt, Plakate gab es kaum; seine Höhepunkte waren vor allem verbale Ausrutscher der Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarovic; bei einer Kundgebung in Osijek verkündete sie, dass sie mit einigen Staaten vereinbart habe, dass kroatische Spezialisten für ihre Arbeit über das Internet 8000 Euro Monatslohn erhalten würde; der Durchschnittslohn in Kroatien liegt bei nur etwas mehr als einem Zehntel dieses Betrages. Der insgesamt merkwürdige Auftritt der Präsidentin nährte in den sozialen Netzwerken Spekulationen darüber, wie nüchtern, die Politikerin in Osijek gewesen sei. Auch ihr Auftritt bei der Geburtstagsfeier des Agramer Bürgermeisters Milan Bandic sorgte für Häme und Kopfschütteln; Grabar-Kitarovic sang ihrem Wahlkampfhelfer Bandic ein Ständchen; der Bürgermeister muss sich vor Gericht wegen Korruption verantworten; im Fall seiner Verurteilung, würde sie im Kuchen in das Gefängnis bringen, sagte die Staatspräsidentin. Milan Bandic ist auch das Hauptziel eines aussichtslosen Bewerbers, des Regisseurs Dario Jurican, der sich in Milan Bandic umtaufen ließ; sein Motto lautet: „Korruption für alle“; der Wahlkampfslogan der Amtsinhaberin heißt: „Optimismus für Kroatien – Wir für Kroatien“. Einerseits sprach sie von Erfolgen der Regierung unter Andrej Plenkovic, andererseits versuchte sie sich von der Regierung abzugrenzen. Bei der Schlußkundgebung der HDZ in Agram hielt sie eine von leerem Pathos getragene Rede; in der ersten Reihe saß Plenkovic, der sich immer mehr mit seinem Mobiltelefon beschäftigte, je länger Grabar-Kitarovic redete. Sattelfest wirkte sie bei der TV-Konfrontation; das gilt auch für den aussichtsreichsten Bewerber der Linken, Zoran Milanovic; er wirkte natürlich; seine Erblast sind sein Charakter und sein Verhalten als Regierungschef, in dem er sich als großer Lehrer seines Volkes gebärdete und oft überheblich wirkte.

Eine wichtige Rolle bei der Wahl wird die Stimmbeteiligung spielen. Fraglich ist nicht nur wie viele Bürger zur Wahl gehen, sondern wie viele Kroaten überhaupt im Land sind; seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass seit dem EU-Beitritt im Jahre 2013 bis zu 300.000 Kroaten in andere EU-Länder gezogen sind; im Fall Österreichs stieg die Zahl der Kroaten um 21.000 auf knapp 80.000 bis zum ersten Jänner dieses Jahres. Zu den Feiertagen kommen viele aus dem Ausland zurück; disziplinierter sind in der Regel die Anhänger der HDZ, die auch die beste Infrastruktur aller Parteien aufweist.

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