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Das EU-Mitglied Kroatien

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Berichte Kroatien

Im Juli stand das bisher jüngste EU-Mitglied Kroatien im Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit. Grund dafür war der Sport, denn die kroatische Fußball-Nationalmannschaft wurde bei der WM in Russland Vize-Weltmeister und musste sich nur Frankreich geschlagen geben. Das vier Millionen Einwohner zählende Kroatien feierte seine Spiele mit ungeheurem Jubel, denn politisch und wirtschaftlich hat das kleine Land am Balkan schwere Zeiten hinter sich. Sechs Jahre Wirtschaftsrückgang wurden erst 2014 überwunden, die Exporte nehmen nun deutlich zu, doch die Ab- und Auswanderung ist massiv; Experten schätzen, dass seit dem Jahre 2014 mehr als 100.000 Bürger ausgewandert. Der entscheidende Devisenbringer ist weiter der Fremdenverkehr, der auch wegen des Erfolgs der Fußballer auf weitere Zuwächse hofft:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kroatien

Insert1: Nikola Arbutina, Bürgermeister von Dvor

Insert2: Gabrijela Zalac Ministerin für regionale Entwicklung

Insert3: Dusko Corak, Gründer der Firma INETEC

Gesamtlänge: 3’43

Die Fußball-Weltmeisterschaft bescherte Kroatien eine internationale Aufmerksamkeit im positiven Sinne, die das vier Millionen Einwohner zählende Land bis dato nicht gekannt hat. Kroatien erhofft sich davon zusätzliche Impulse für den Tourismus, der bereits in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen hat. Doch auch der Tourismus zeigt, wie weit Kroatien durch Krieg und mangelnde Reformen trotz EU-Beitritts und günstigem internationalen Umfeld zurückliegt; denn der Rekord an Nächtigungen ausländischer Touristen aus dem Jahre 1986 konnte erst 2015 und damit nach 29 Jahren übertroffen werden. Kroatien ist bestrebt, nicht nur den Tourismus an der Küste, sondern auch andere Landesteile zu entwickeln. Zu diesen Gebieten zählt das Grenzgebiet zu Bosnien und Herzegowina. Dort liegt, keine 100 Kilometer von Agram entfernt, die Gemeinde Dvor. Bereits 2011 waren 40 Prozent der Bewohner älter als 65 Jahre; der Ort zählte damals 5600 Bewohner. Nach dem EU-Beitritt setzte 2014 eine Auswanderungswelle ein; mehr als 1000 Bürger verließen Dvor; durch EU-Projekte versucht die Gemeinde die Infrastruktur zu verbessern:

"Wir haben Förderungen für die Erneuerung der Straßen, der Wasserleitung und des Kindergartens bekommen. Doch erst im Herbst werden die Arbeiten beginnen. Förderungen für die ländliche Entwicklung haben auch unsere Bauern bekommen. Wir als Gemeinde sind auf diese schwierigen und langwierigen Verfahren nicht vorbereitet."

Kroatien leidet unter einem enormen regionalen Entwicklungsgefälle. Vier von fünf Gespannschaften in Slawonien zählen zu den unterentwickeltsten Regionen in der EU überhaupt. Gemessen am Durchschnitt der kroatischen Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt der Osten Kroatiens bei nur 39 Prozent. In diese Regionen will die Regierung massiv investieren, und zwar Mittel aus Fonds der EU:

"Für das Projekt Slawonien haben wir 2,5 Milliarden Euro aus drei EU-Programmen bereitgestellt. Zu den Projekten zählen die Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken, die Verbesserung der Wasserwirtschaft wie etwa auch der künstlichen Bewässerung in der Landwirtschaft. Insgesamt hat uns die EU bis 2020 10,7 Milliarden Euro an Mittel eingeräumt. Im Vergleich zu den vergangenen drei Jahren haben wir die Verwendung dieser Mittel massiv gesteigert."

Investiert werden soll auch in die Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben und in die Forschung. Denn internationale Spitzenreiter wie die Firma INETEC gibt es viel zu wenige. INETEC erzeugt Geräte zur Überprüfung der Sicherheit von Atomkraftwerken und führt diese Kontrollen auch selbst durch. Unzufrieden ist die Firma mit der kroatischen Justiz:

"Leider führen wir einen Prozess gegen frühere Mitarbeiter bereits 13 Jahre, die auf unerlaubte Weise in den Besitz unserer Technologie gelangt sind und diese nutzen. Ohne entsprechenden Schutz des geistigen Eigentums wird es schwierig sein, dass IT-Industrie und Hochtechnologiefirmen nach Kroatien kommen. Das Potential ist vorhanden."

Um dieses Potential wirklich zu nutzen, wird Kroatien längst überfällige Reformen endlich durchführen müssen. Dazu zählen das Grundbuch, raschere Genehmigungsverfahren sowie der Kampf gegen die Korruption; denn derzeit liegt Kroatien in seiner Entwicklung noch deutlich unter dem Durchschnitt aller EU-Mitgliedsstaaten.

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