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Schiedsgericht entscheidet über die Bucht von Piran

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Berichte Kroatien
In Den Haag verkündet heute ein Schiedsgericht ein Urteil über den Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien in der Bucht von Piran und auch über zwei umstrittene Punkte an der Landgrenze. Was als Beispiel für eine Lösung von Grenzkonflikten im ehemaligen Jugoslawien hätte dienen sollen, könnte zu neuen Spannungen zwischen den Nachbarstaaten führen. Denn Kroatien wird den Spruch nicht anerkennen; es ist bereits vor zwei Jahren aus dem Verfahren ausgestiegen, während Slowenien auf der Umsetzung des Spruchs beharrt. Für Österreich ist die Entscheidung bedeutsam, weil sein wichtigster Hafen Koper in der Bucht von Piran liegt. Es berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Der Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien ist eine Erblast des Zerfalls des kommunistischen Jugoslawien im Jahre 1991. Die offene Frage zwischen Laibach und Agram köchelte bis zum Jahre 2008 vor sich hin. Bei den Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU blockierte das 2004 beigetretene Slowenien die Gespräche und forderte eine Lösung der Grenzfrage. Slowenien beanspruchte den größten Teil der Bucht von Piran und einen Zugang zu internationalen Gewässern, Kroatien wollte die Grenze in der Mitte der Bucht von Piran ziehen. Im November 2009 einigten sich beide Staaten auf ein Schiedsgerichtsverfahren, das in Slowenien noch durch ein Referendum in Frage gestellt wurde, das aber scheiterte. Die EU-Verhandlungen konnten fortgesetzt werden und Kroatien trat im Sommer 2013 bei. Die Wende im Schiedsgerichtsverfahren kam 2015; abgehörte Telefonate zwischen dem von Slowenien ernannten Richter und einer Beamtin des Außenministeriums in Laibach belegten, dass Slowenien versucht hatte, die fünf Richter zu beeinflussen. Kroatien stieg aus dem Verfahren aus; dazu sagt der nunmehrige kroatische Ministerpräsident Andrej Plenkovic:

„Wir sind gutgläubig in das Schiedsgerichtsverfahren eingetreten; das war nicht erfolgreich; leider ist das Verfahren für uns unumkehrbar vergiftet; dafür reicht der Umstand aus, dass auch der damalige slowenische Richter und die damalige Vertreterin Sloweniens zurückgetreten sind. Der Fall ist für uns abgeschlossen; doch wir sind offen für weitere Gespräche und für die Lösung der offenen Grenzfrage in einem anderen Rahmen.“

Kroatien wird auch heute das Urteil nicht entgegen nehmen, während Slowenien das Urteil anerkennen will und auf der Anerkennung durch Kroatien beharrt; dazu sagt der slowenische Außenminister Karl Erjavez:

„Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass ein Staat, der Mitglied von EU, NATO und UNO ist, sich im Gegensatz zu seinen internationalen Verpflichtungen und im Gegensatz zum internationalen Recht verhalten und damit gegen den Beschluss des Schiedsgerichts sein wird.“

Slowenien seinerseits lehnt neue Verhandlungen mit Kroatien ab, das nicht gezwungen werden kann, das Urteil zu akzeptieren, das binnen sechs Monaten umgesetzt werden sollte. Sollte es in der Bucht von Piran zugunsten von Slowenien ausfallen, wird alles davon abhängen, ob und wie Laibach das Urteil durchsetzen will. Zu hoffen bleibt, dass Laibach kühlen Kopf bewahrt, denn sein Recht auf freie Schifffahrt ist ohnehin durch die internationale Seerechtskonvention garantiert.
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