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MOST und die Kleinparteien in Kroatien als Zünglein an der

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Berichte Kroatien
In Kroatien finden morgen vorgezogene Parlamentswahlen statt; sie wurden notwendig, weil im Frühsommer die Koalition zwischen der nationalistischen Partei HDZ und der Bürgerbewegung MOST zerbrochen ist. Umfragen sagen nun ein knappes Rennen zwischen der HDZ und dem Mitte-Links-Bündnis voraus. Beide haben keine Chance auf eine absolute Mehrheit, haben aber auch eine große Koalition ausgeschlossen. Königsmacher dürfte neuerlich die Bewegung MOST werden, doch auch weitere Kleinparteien können mit Mandatszuwächsen rechnen. Über die Rolle der Kleinen in der kroatischen Politik berichtet aus Agram unser Korrespondent Christian Wehrschütz:



Schon bei früheren Wahlen entfielen etwa 20 Prozent der Stimmen auf Kleinstparteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, die für den Einzug ins Parlament gilt. Traditionelle Kleinparteien sind in Kroatien die IDS, die Regionalpartei der Halbinsel Istrien, und die HDSSB in Slawonien. Im Parlament vertreten sind auch noch Kleinpartei jüngeren Datums. Dazu zählen die Partei des Agramer Bürgermeisters Milan Bandic oder die anarchistisch orientierte Bewegung „Lebende Mauer“. All diese Gruppen haben ein bis drei Mandate. Das im Parlament derzeit aber 21 Parteien vertreten sind, hängt damit zusammen, dass viele Kleinparteien Wahlkoalitionen mit HDZ und SDP bilden und so einige Abgeordnete haben, die sie aus eigener Kraft nicht gewinnen könnten. Eine tatsächliche dritte Kraft trat mit der Bürgerbewegung MOST erst bei der Wahl vor neun Monaten auf den Plan. MOST gewann auf Anhieb 19 Sitze; während der Regierungsbildung mit der HDZ wurden aber einige Mandatare wilde Abgeordnete. Nach Umfragen kann MOST am Sonntag mit 12 Sitzen rechnen, weil die Bewegung Mitte-Links-Wähler verlieren dürfte. Chancen und Probleme von MOST analysiert die ehemalige Ministerpräsidenten Jadranka Kosor so:



„MOST ist noch immer eine Ansammlung von Einzelpersonen und keine wirkliche Partei. In der Koalition mit der HDZ hat MOST durchaus negative Entwicklungen verhindert. Das brachte positive Reaktionen in der Öffentlichkeit und MOST wird weiter das Zünglein an der Waage sein. Wenn MOST nach den Wahlen wieder unmögliche Bedingungen stellt, und dann doch mit der HDZ eine Regierung bildet, werden sie künftig nicht gut abschneiden. Wenn MOST konsequent und glaubwürdig bleibt, kann die Partei zu einer echten dritten Option in Kroatien werden.“



Für eine Regierungsbeteiligung hat MOST sieben Bedingungen gestellt; dazu zählen Gehaltskürzungen für Abgeordnete, die permanent Parlamentssitzungen schwänzen, oder eine Änderung des Wahlrechts in Richtung von mehr Vorzugsstimmen. Vorsitzender von MOST ist der 37-jährige Bozo Petrow, Psychiater und Bürgermeister der 15.000 Einwohner zählenden Stadt Metkovic. Zu einer möglichen Regierungsbeteiligung sagt Boze Petrow:



HDZ und SDP haben vor neun Monaten versprochen, dass sie mit unserem Programm übereinstimmen, doch in der Zeit der Regierung haben sie unser Programm blockiert. Jetzt haben wir fünf Prozent von den Inhalten verlangt, die beide Parteien versprochen haben; diese Inhalte müssen nach der Konstituierung des Parlaments umgesetzt werden. Welche der beiden Parteien dazu bereit ist, mit der werden wir eine Regierung bilden.“



Ob und wie rasch eine Regierung in Kroatien gebildet werden kann, hängt natürlich vom morgigen Wahlergebnis ab. Der Meinungsforscher Srdjan Dumisic rechnet jedenfalls damit, dass die Abkehr von Sozialdemokraten und HDZ auch morgen anhält:



„Dieser Trend hat damit zu tun, dass Kroatien in seiner Entwicklung hinter den Ländern Ost-Mitteleuropas zurückbleibt; nur vor Bulgarien liegen wir noch. Die Menschen sind sich bewusst, dass sich die Dinge zu langsam ändern, dass das Wachstum nicht den Möglichkeiten entspricht. Ich glaube, dass bei diesen Wahlen mehr Kleinparteien ins Parlament einziehen werden.“







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