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Der neue HDZ-Vorsitzende als neuer Faktor im Wahlkampf

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Berichte Kroatien
In Kroatien finden am Sonntag vorgezogene Parlamentswahlen statt. Sie wurden nur neun Monate nach der regulären Parlamentswahl nötig, weil die Koalition im Strudel von persönlichen Streitereien und Skandalen unterging, die die nationalistische Partei HDZ und die Bürgerbewegung MOST gebildet hatten. Daher sah noch im Frühsommer das Mitte-Links-Bündnis wie ein sicherer Sieger aus, das die Sozialdemokraten gebildet hatten. Ihr Vorsitzende Zoran Milanovic, der Kroatien zwischen 2011 und 2015 regierte, konnte sich berechtigte Hoffnungen auf eine Rückkehr zur Macht machen. Doch die HDZ ersetzte ihren glücklosen, ultranationalistisch orientierten Vorsitzenden Tomislav Karamarko Mitte Juli durch den Europaabgeordneten Andrej Plenkovic; dessen neuer Stil ließ die HDZ wieder erstarken und Umfragen gehen nun von einem knappen Rennen aus. Andrej Plenkovic hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz im Wahlkampf begleitet und interviewt; hier sein Bericht über den Versuch der Rückkehr der HDZ zur Mitte und zur Macht:



Zwischen den zwei Wahlen in Kroatien liegen nur neun Monate, trotzdem bieten die Wahlkämpfe ein spiegelverkehrtes Bild. Vor neun Monaten gelang dem sozialdemokratischen Regierungschef Zoran Milanovic trotz schlechter Umfragewerte eine Aufholjagd, die er seinem schwachen Herausforderer Tomislav Karamarko verdankte. Intellektuell keine große Leuchte verweigerte der HDZ- und Oppositionsführer Karamarko sogar ein TV-Duell mit Milanovic. Nach dem knappen Wahlergebnis musste Karamarko auf das Amt des Regierungschefs verzichten, um eine Koalition mit der Bürgerbewegung MOST bilden zu können, die drittstärkste Kraft wurde. Aus dem Hut gezaubert wurde mit Tihomir Oreskovic ein parteiloser Ministerpräsident, der dieser Aufgabe nicht gewachsen war, während die HDZ immer stärker mit der Ideologie des faschistischen Ustascha-Staates aus dem Zweiten Weltkrieg kokettierte. Ein ganz anderes intellektuelles und politisches Kaliber ist der neue HDZ-Vorsitzende, der 1970 in Agram geborene Jurist und Diplomat Andrej Plenkovic. Bei Kundgebungen, etwa in der sozialdemokratischen Hochburg Rijeka, betont der graumelierte, großgewachsene Plenkovic den neuen Stil, den die HDZ nun durch seine Wahl verkörpere:  



"Dieser Wahlkampf unterscheidet sich deutlich von der Wahlbewegung im Vorjahr. Warum? Weil wir uns als HDZ, als größte staatstragende Partei, entschlossen haben, die politische Kultur in Kroatien auf ein höheres Niveau zu heben; ein Niveau, das die Kroaten und Kroatien verdienen. Diese Transformation haben unsere politischen Gegner noch nicht bemerkt."



Das gilt insbesondere für Zoran Milanovic der mit Andrej Plenkovic einen viel schwereren Gegner vorfindet als mit Tomislav Karamarko. Hart in der Sache aber konziliant im Ton, lässt sich Plenkovics Auftreten beschreiben, der im Wahlkampf nun auch von Politikern anderer Volksparteien aus der EU unterstützt wird. Plenkovic betont immer wieder der Rückkehr der HDZ zur politischen Mitte, die er selbst verkörpere. Andrej Plenkovic:



„Ich positioniere die HDZ stark als Partei der rechten Mitte. Meine Hauptaufgabe besteht darin, die politische Mitte wieder in den Brennpunkt Kroatiens zu rücken. Die HDZ wird eine klar definierte Partei ohne irgendwelche Extreme sein, in völliger Übereinstimmung mit dem, was die europäischen Volksparteien sind."



Auf den Kandidatenlisten ist diese Rückkehr allerdings noch nicht völlig gelungen. Das zentrale Wahlkampfmotto der HDZ lautet „Glaubwürdig“. Auch damit soll die Abkehr vom Kurs des Vorgängers Karamarko unterstrichen werden. Plenkovic schließt eine große Koalition mit den Sozialdemokraten ebenso aus wie einen parteilosen Regierungschef. Somit werden Plenkovic oder Milanovic die neue kroatische Regierung führen. Wer schließlich gewinnt und wann dieses neue Kabinett zustande kommen wird, ist offen. Wenn die Umfragen einigermaßen stimmen, sind nach der Wahl in Kroatien neuerlich keine klaren Machtverhältnisse zu erwarten und Kleinparteien werden wieder das Zünglein an der Waage bilden.





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