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Kroatien vor schwieriger Regierungsbildung

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Kleine Zeitung
Berichte Kroatien
Nach der Parlamentswahl deuten Nachwahlbefragungen auf schwierige Regierungsbildung in Kroatien hin. Sollten diese Befragungen stimmen käme das nationalkonservative Bündnis der Opposition unter HDZ-Vorsitzenden Tomislav Karamarko auf 57 Sitze; der Mitte-Links-Block unter dem sozialdemokratischen Regierungschef Zoran Milanovic hätte demnach 56 Mandate im Parlament in Agram, das 151 Sitze zählt. Mit 17 Mandaten drittstärkste Kraft wurde die Wirtschaftspartei MOST (Brücke), die zum ersten Mal zur Wahl antrat. MOST hat vor der Wahl keine Koalitionsaussage gemacht und sogar eine Regierungsbeteiligung an sich in Frage gestellt. Dieser Linie blieb die Führung am Abend treu, mit der Einschränkung dass heute die Parteigremien beraten und das dann vorliegende Wahlergebnis analysieren wollen. Doch für die absolute Mehrheit im Parlament braucht eine Koalition mindestens 72 Sitze, und somit müssten einer Regierungskoalition noch weitere Gruppen oder Abgeordnete angehören. Nach derzeitigen Stand könnten das zwei Regionalparteien sein, die IDS aus Istrien (3 Sitze), die ultranationalistische HDSSB (2), die Partei des Agramer Bürgermeister Milan Bandic (2) oder die Bürgerbewegung Zivi Sid (Mauer) mit ebenfalls zwei Sitzen. Schwierig es es derzeit abzuschätzen, welcher Block über das größere Koalitionspotential verfügt.

Doch in dieser Rechnung sind abgesehen vom konkreten Wahlergebnis noch weitere Unsicherheiten enthalten, weil in der Nachwahlbefragung nicht das Abschneiden der drei Mandate berücksichtigt ist, die die kroatische Diaspora wählt; nicht berücksichtigt sind auch die 8 Sitze für nationale Minderheiten; drei entfallen auf Serben, deren Partei mit dem Sozialdemokraten Zoran Milanovic ein Bündnis geschlossen hat. Für Milanovic ist das Ergebnis auf jeden Fall eine Niederlage; vor vier Jahren erreichte sein Mitte-Linksbündnis 80 Sitze; selbst wenn man wechselnde Bündnispartner einrechnet, sind 56 Sitze somit eine klare Niederlage. Die HDZ und ihr Block erreichte 2011 nur 47 Sitze, eine Folge der Krise, die die Korruptionsaffären des ehemaligen Strahlemannes Ivo Sanader auslöste, der nach wie vor im Gefängnis sitzt.    

Sollten sich das Endergebnis von den Nachwahlbefragungen nicht drastisch unterscheiden, werden Klein- und Kleinstparteien ein beträchtliches Erpressungspotential besitzen. Hinzu kommt, dass der Wahlblock um die Sozialdemokraten aus 5 und das HDZ-Bündnis aus 8 Parteien besteht, die ebenfalls Sitze im Parlament haben werden. Möglich sind somit langwierige Koalitionsverhandlungen, eine Minderheitenregierung mit Duldung von MOST oder Neuwahlen in einigen Monaten, sollte keine Regierung zustande kommen. Die Staatspräsidentin, die konservative Kolinda-Grabar-Kitarovic hat jedenfalls nach der Verfassung dem Politik den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen, der ihr eine Mehrheit im Parlament präsentieren kann. Ob dieser Politik Milanovic oder Karamarko heißen wird, ist derzeit offen.

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