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Referendum gegen Homo-Ehe in Kroatien

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„Sind Sie dafür, dass die Bestimmung, wonach die Ehe eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau ist, in die Verfassung der Republik Kroatien eingetragen wird?“ So lautet die Frage, über die 3,7 Millionen Bürger am Sonntag abstimmen. Das Referendum wird das erste sein, das in Kroatien eine Bürgerinitiative erzwungen hat. Sie nennt sich „Im Namen der Familie“ und hat binnen zwei Wochen mehr als 750.000 Unterschriften gesammelt, von denen das kroatische Parlament mehr als 680.000 als gültig anerkannt hat. Für ein Referendum sind in Kroatien etwa 500.000 Unterschriften nötig. Unterstützt hat die Initiative „Im Namen der Familie“ vor allem die Katholische Kirche. 6.000 Freiwillige sammelten die Unterschriften. In Kroatien definiert das Familiengesetz Ehe als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau. Warum diese Definition in der Verfassung festgeschrieben werden soll, erläutert in Agram die Ärztin Zeljka Markic, die als Sprecherin der Volksbegehrens-Initiative auftritt: "Auslöser waren die Ereignisse in Frankreich; dort hat die Regierung in einem Land mit langer demokratischer Tradition den Willen ihrer Wähler missachtet, und zwar in einer derart wichtigen Frage wie das die Definition der Ehe ist. wir wollten sicherstellen, dass das die Bürger bei einer Volksabstimmung bestätigen können, wenn sie das wollen."

Die Kampagne für und wider die Volksabstimmung findet in Kroatien weniger auf Straßen und Plätzen, sondern viel mehr in den Medien und auch auf Internetportalen statt. Dabei wird auch mit vielen Angriffen gegen Markic und ihre Mitstreiter gearbeitet. Thematisiert wurde nicht nur die mögliche Nähe dieser Gruppe zum Opus Die, sondern auch der Umstand, dass die Initiatoren des Volksbegehrens allesamt nicht zu den armen Schichten der kroatischen Gesellschaft zählen. Gegen die Volksabstimmung war und ist die sozial-liberale Regierung unter Ministerpräsident Zoran Milanovic, die das Referendum wohl am liebsten verhindert hätte. Ihre Minister werben etwa auf YouTube für ein Nein. Massiv kritisiert wird das Begehren von Menschenrechtsgruppen und der Jüdischen Gemeinde, deren Vorsitzender Ognjen Kraus die Ziele der Bürgerinitiative sogar mit der Verfolgung Homosexueller im Dritten Reich und mit dem Holocaust verglich. Die Jüdische Gemeinde warnte an sich nicht zu Unrecht vor wachsender Intoleranz in Kroatien; sie zeigt sich vor allem gegenüber der serbischen Minderheit und geht damit weit über den Anlassfall hinaus. Die Kritik am Referendum formuliert der Aktivist einer Homosexuellen-Initiative, Iwan Novosel, so: "Das Referendum ist verfassungswidrig, diskriminiert eine Minderheit und schafft Bürger erster und zweiter Klasse. Denn mit dieser Definition werden Menschen diskriminiert, die keine heterosexuelle Ehe eingegangen sind. Somit ist das Referendum ausdrücklich gegen die Menschenrechte gerichtet."

Der Pferdefuß dieser Argumentation liegt darin, dass die Verfassung keine thematischen Einschränkungen für Volksabstimmungen vorsieht. Außerdem kennt das Referendumsgesetz keine Mindestteilnahme, damit die Abstimmung gültig ist. Einen entsprechenden Paragraphen strich das Parlament vor mehr als zwei Jahren, um den positiven Ausgang der EU-Volksabstimmung nicht zu gefährden. Die Initiatoren des Referendums, die Bürgerinitiative „Im Namen der Familie“ nutzte somit nur die bestehende Rechtslage aus. Keine Stellung bezog die EU-Kommission, die darauf verwies, dass das „Familiengesetz und die Definition der EU vollständig in der nationalen Zuständigkeit“ der Mitgliedsstaaten liegt. Den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit wies sogar Regierungschef Zoran Milanovic als unbegründet zurück. Er will nun Verfassung und Referendumsgesetz ändern, um Volksabstimmungen weiter zu erschweren; sie sollen künftig bei Themen unmöglich werden, die Minderheiten und Fragen des Budgets betreffen. Novellieren will die Regierung auch das Gesetz über gleichgeschlechtliche Partnerschaften aus dem Jahre 2003. Es enthält keine Bestimmung, wie der Beginn einer derartigen Partnerschaft rechtlich dokumentiert wird. Erst im Falle eine Trennung müssen gleichgeschlechtliche Paare vor Gericht beweisen, dass sie tatsächlich mindestens drei Jahre zusammengelebt haben, um Ansprüche auf Vermögensteilung und Alimentation geltend machen zu können. Geplant sind nun eine eingetragene Partnerschaft vor dem Standesamt und größere Rechtssicherheit für die Partner aber kein Adoptionsrecht. Diese Pläne gehen Homosexuellen-Gruppen daher nicht weit genug.

Am Ausgang der Abstimmung gibt es kaum Zweifel, wenn Umfragen stimmen; 68 Prozent der Befragten waren gegen die Homo-Ehe, sogar knapp 40 Prozent der Anhänger des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Milanovic sollen sie ablehnen. Weitgehend untergegangen ist in der ideologisierten Auseinandersetzung in Kroatien bisher die Lage der Familien an sich. Im Vorjahr verfügte eine Familie mit zwei Kindern im Monat im Durchschnitt über Einkünfte von umgerechnet 1070 Euro. Doch zur Deckung der Fixkosten und lebenswichtiger Ausgaben wären statistisch gesehen mehr als 1500 Euro nötig gewesen. Die Krise zeigt auch die Zahl der Eheschließungen; 2011 schlossen 20.200 Kroaten den Bund fürs Leben, das ist sogar weniger als 1990 am Vorabend des blutigen Zerfalls des kommunistischen Jugoslawien. Parallel dazu steigt nicht nur die Zahl der Scheidungen, sondern auch der Bedürftigen, die etwa bei der Caritas der Erzdiözese von Agram um Hilfe bitten. Das wird auch nach dem Referendum so bleiben, weil die Regierung kein Mittel gegen die Krise in Kroatien findet, wo die Arbeitslosenrate bereits 20 Prozent erreicht hat.

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