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Gedenkfeier in Bleiburg und die Kontroverse in Kroatien

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Berichte Kroatien
Am Bleiburger Feld findet heute wieder die Gedenkveranstaltung für die Personen statt, die die Briten am Ende des Zweiten Weltkrieges an die siegreichen kommunistischen Partisanen ausgeliefert haben. Ausgeliefert wurden etwa 150.000 Personen, darunter Kroaten, Serben, Montenegriner, Slowenen, die gegen die neuen Machthaber gekämpft haben aber auch Zivilisten. In Kroatien sind Bleiburg und die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges noch immer ein Thema, das die politischen Parteien spaltet. So hat die seit Dezember regierende Mitte-Links-Koalition jüngst mit ihrer Mehrheit beschlossen, dass das Parlament den Ehrschutz über die Gedenkfeier in Bleiburg nicht mehr übernehmen wird. Ihre Mehrheit beschloss im Parlamentspräsidium auch, die Finanzierung der Gedenkstätte in Bleiburg im Ausmaß von 60.000 Euro ab dem kommenden Jahr einzustellen.

Als schändlich werteten den Beschluss die ehemalige konservative Ministerpräsidentin Jadranka Kosor und die katholische Kirche. Die Gedenkstätte besuchen nicht nur Hinterbliebene, Nachkommen oder Sympathisanten der faschistischen Ustasa-Bewegung. Auch der sozialdemokratische Staatspräsident Ivo Josipovic und der nunmehrige sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic waren in Bleiburg; und vor mehr als zehn Jahren, in der Zeit der ersten sozialdemokratischen Regierung, übernahm das Parlament den Ehrenschutz. Als falsch bezeichnet dessen Abschaffung der kroatische Philosoph Zarko Puhovski: „So sieht es nun aus, dass man den Opfern der einen Seite nicht mehr gedenken will, sondern nur den Opfern der anderen Seite, und das wird in der Öffentlichkeit wieder einigen Staub aufwirbeln, obwohl natürlich vielen Leuten das Gerede über die Vergangenheit beim Halse heraus hängt.“ Erbittert hat das konservative Lage in Kroatien vor allem der Umstand, dass das Parlament weder einen anderen Ort noch ein anderes Datum für eine Gedenkfeier festgelegt hat. Puhovski ist der Ansicht, dass die Mitte-Links-Regierung Bleiburg wieder zum Thema gemacht hat, um ihre ideologische Klientel zu befriedigen und von der tiefen sozialen Krise abzulenken, ist doch praktisch jeder Fünfte Kroate arbeitslos.

Unabhängig davon besteht noch immer eine Spaltung entlang der Linie Jasenovac – Bleiburg. Das KZ-Jasenovac gilt als Synonym für die Massenmorde des faschistischen Ustasa-Regimes im Zweiten Weltkrieg, Bleiburg ist das Symbol für den Massenmord der siegreichen Partisanen unmittelbar bei Kriegsende und danach. Dass dieses Thema die Öffentlichkeit bewegt, zeigt der Umstand, dass die zum Styria-Verlag gehörende Tageszeitung Vecernji List das Buch des Kärntner Historikers Florian Thomas Rulitz „Die Tragödie von Bleiburg und Viktring“ nun in einer kroatischen Übersetzung auf den Markt gebracht hat. Die Auflage beträgt 8.000 Stück, und seit einigen Tagen ist das Buch an Kiosks in Kroatien erhältlich. Warum sich Vecernji List zur Publikation des Buches entschlossen hat, erläutert in Agram Leiter des Buchverlages, Zvonimir Despot: „Die Abschaffung dieses Ehrenschutzes wurde nun auch damit begründet, dass es in Bleiburg selbst auch keine Opfer gegeben habe. Gleichzeitig wurde bereits an der kroatischen Übersetzung des Buches von Thomas Rulitz gearbeitet, das neue Daten zu Bleiburg enthält. Daher haben wir uns zu einer derart hohen Auflage entschlossen, weil wir überzeugt sind, dass das Buch seine Käufer finden wird.“

So hat der Historiker Florian Thomas Rulitz an Hand von Dokumenten etwa 100 kroatische Opfer in Kärnten identifiziert, die schrittweise auf den neuen Friedhof bei der Gedenkstätte in Bleiburg umgebettet werden sollen. Doch auch in Kroatien macht die Aufarbeitung der Vergangenheit abseits der Politik enorme Fortschritte. So wird das kroatische Institut für Geschichte demnächst eine Datenbank mit den Namen von 400.000 Personen online stellen, die im Zweiten Weltkrieg in Kroatien umgekommen oder ermordet worden sind.

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