Kroatiens blutige Geschichte nach dem Krieg
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Das Denkmal steht am Beginn eines Schützengrabes mit einer Länge von einem Kilometer, den die Deutsche Wehrmacht baute. Ihn nutzen kommunistische Partisanen vom 23. Bis zum 25. Mai 1945 für Massenerschießungen. Liquidiert wurden hier Kroaten, Zivilisten und vor allem Angehörige der sogenannten Blauen Division; 1944 aufgestellt, bestand sie auch aus Volksdeutschen etwa aus der Vojvodina. Dass sie hier liegen, dafür sprechen Zeitzeugen die Uniformen gesehen haben, aber auch ein kroatisches Mitglied der Division, das überlebt hat. In dem einen Schützengraben könnten bis zu 2.000 Leichen vergraben sein; insgesamt könnten in weiteren Massengräbern in der Umgebung mehr als 4.500 Tote liegen. Zum Teil mussten sich die Opfer vor der Erschießung ausziehen, weil die zerlumpten Partisanen ihre Uniformen nutzen. Eine Schneiderin soll 4.500 Uniformen gezählt haben; ihre und andere Zeugenaussagen hat Ivan Zvonimir Cicak ebenso gesammelt wie er Knochen den Behörden übergab, die Bauern auf den Feldern fanden.
Cicak ist Journalist und stellvertretender Vorsitzender des kroatischen Helsinki-Komitees für Menschenrechte. Er kämpft in Kroatien beharrlich gegen jede Form des Verschweigens und hat uns auch zu Zeitzeugen im Dorf Kljuc Brdovecki geführt. Einer von ihnen ist Iwan Jakovina; sein Elternhaus stand dem Ort des Massakers am nächsten; die erste Nacht der Liquidierung beschreibt Jakovina so: "Als die Erschießungen begannen legte der Vater uns auf den Boden, wir wussten nicht, was los ist. Sie schossen in unsere Richtung und es klang, als ob jede Kugel ins Haus kam. Als es vorbei war, kamen die Männer zu uns und verlangten Essen."
Trotz aller Aussagen kam es weder in Kljuc Brdovecki noch in den meisten der anderen 840 Örtlichkeiten zur Exhumation; denn Kroatien ist gespalten zwischen Bleiburg und Jasenovac; das Konzentrationslager Jasenovac steht für Greueltaten des Ustasa-Regimes im Krieg, Bleiburg für die Massenmorde der Partisanen danach. Gegen einen von ihnen, gegen den serbischen Partisanen-Major Simo Dubajic ermittelt nun Kroatien. Bereits vor 19 Jahre gestand Dubajic, im Gotscheer Hornwald in Slowenien die Erschießung von 30.000 Slowenen und Kroaten geleitet zu haben. Der heute 85-jährige Dubajic lebt schwer krank in Belgrad, ein Verfahren ist daher unwahrscheinlich. Mitte Mai 1945 war Simo Dubajic auch in Klagenfurt und Unterkärnten. Dort übernahm er von den Briten 10.000 Gefangene, die die Partisanen beim Rückzug mit nach Jugoslawien nahmen. Verschleppt wurden nach Angaben österreichischer Historiker aus Kärnten 260 und aus der Steiermark 160 Personen. In vielen Fällen ist ihr Schicksal noch offen; doch nun sind die Archive in Slowenien, Kroatien und Serbien zugänglich und eine Klärung könnte möglich sein. Gelten könnte das auch für viele Soldatenschicksale; nach Angaben deutscher Historiker gerieten zwischen 175.000 und 200.000 Soldaten der Wehrmacht in jugoslawische Gefangenschaft; weniger als die Hälfte kehrte zurück.