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Die verfeindeten Brüder Kroatien und Slowenien

Zeitung
Wiener Zeitung
Berichte Kroatien


Vordergründig wirkt der Streit zwischen Kroatien um die Landgrenze an der Mur und um die Seegrenze in der Bucht von Piran wie ein Streit um es Kaisers Bart und wie ein Streit zwischen David und Goliath. An der Mur geht es um einige Hektar und was die Seegrenze betrifft, so hat Kroatien eine Küste von 1800 Kilometer, Slowenien aber nur von 43 Kilometern. Kroatien kann sich somit durch den Anspruch Sloweniens auf einen Zugang zum offenen Meer kaum „bedroht“ fühlen, während es für Slowenien um den Status einer Staates geht, der nach internationalem Recht auch als Adria-Anrainer-Staat gilt. Im Gegensatz zu Italien ist die slowenische Fischerflotte bedeutungslos. Doch in Staaten mit übersteigertem Nationalbewusstsein geht es nicht um die Ratio, sondern um das Prestige; daher wird seit dem Zerfall des alten Jugoslawien um jeden Quadratmeter „heiliger Heimaterde“ verbissen gekämpft. Ursache des Streits ist vor allem der Umstand, dass in Jugoslawien zwar die Landgrenzen (als Republiksgrenzen) nicht aber die Seegrenzen definiert waren.

Hinter der Irrationalität stecken tiefsitzende Ressentiments auf beiden Seiten. Slowenien mit seinen zwei Millionen Einwohnern betrachtet sich gegenüber Kroatien, das doppelt so viele Einwohner hat, als klein aber oho. So habe Kroatien anzuerkennen, dass Slowenien erfolgreicher und daher rascher auf dem Weg Richtung EU und NATO gewesen sei. Im Gegensatz dazu ist in Kroatien das Gefühl weit verbreitet, Slowenien sein ein Kriegsgewinnler auf Kosten der Kroaten. Während der Krieg in Slowenien nur zehn Tage gedauert habe und kein echter Krieg gewesen sei, habe sich Kroatien gegen die gut gerüstete Jugoslawische Volksarmee behaupten müssen und nach fünf Jahren Krieg schließlich gesiegt. Der Krieg sei der Grund für den zeitlichen Rückstand auf dem Weg Richtung EU und NATO während Slowenien leicht die Gunst der Stunde habe nützen können.

Der in Wahlkampfzeiten in Slowenien oft hochgespielte und aus Anlass der EU-Verhandlungen wieder hochgekochte Streit, wird in Laibach auch so erklärt, dass Kroatien erst jetzt bereit sei, diese Frage und damit Slowenien wirklich ernst zu nehmen. Dabei verdeckt dieser prestigeträchtige Konflikt, dass es zwischen beiden Staaten wirklich ernste bilaterale Probleme gibt. Dazu zählt das Atomkraftwerk Krsko und - noch wichtiger – die Ljubljanska Banka. Dort hielten mehr als 100.000 Kroaten Sparguthaben. Nach dem Zerfall Jugoslawiens behielt die Bank die Gelder ein; die Rede ist von insgesamt 150 Millionen Euro ohne Zinsen. Dieses elementare Problem ist bis heute ungelöst. Bilateral nicht zu lösen dürfte nun auch der Grenzstreit sein, der jetzt eine Dimension erreicht hat, bei der es schwierig ist, einen Gesichtsverlust einer Seite zu vermeiden. Möglich ist dass nur wenn vor allem Slowenien einem internationalen Schiedsgericht zustimmt; dafür bedarf es aber des Einsatzes der EU und politisch gewichtiger Mitgliedstaaten; denn der Fehler – Slowenien ohne Lösung dieses Streits als EU-und NATO-Mitglied akzeptiert zu haben, lässt sich nicht mehr korrigieren.

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