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Nikola Tesla - Erinnerungen an ein vergessenes Genie

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Wiener Zeitung
Berichte Kroatien
Kennen Sie die physikalischen Einheiten der magnetischen Flussdichte – das Tesla? Nein? Dann wissen Sie als wissenschaftlich interessierter Laie oder gar als Fachmann aber sicher wer das Radio erfand oder wem wir es zu verdanken haben dass wir Straßenlaternen, Computer oder Toaster mit Strom betreiben können. Sollten ihre Antworten Marconi oder Edison lauten, so entspricht ihr Wissenstand den Angaben in Lexika oder Schulbüchern - trotzdem sind beide Antworten weitgehend falsch. Denn es war Nikola Tesla. Im Falle des Radio strengte Tesla im Jahre 1915 – acht Jahre nachdem Marconi den Nobelpreis erhielt – sogar ein Gerichtsverfahren gegen den Geehrten an; doch Recht bekam der Erfinder vom Obersten Gerichtshof der USA erst einige Monate nach seinem Tode im Jänner 1943.

Wer war Nikola Tesla? Im Grunde war er ein typisches Kind der K und K Monarchie, der wie so viele Erfinder erst in den USA Anerkennung fand, mangels Geschäftstüchtigkeit aber in Armut starb und nie den dauerhaften und einträglichen Ruhm eines Thomas Edison ernten konnte. Geboren wurde Tesla zwischen dem 9. und 10. Juli 1856 im kroatischen Dorf Smiljan als Sohn eines serbisch-orthodoxen Priesters. Nikola hatte drei Schwestern und einen Bruder. Ursprünglich vom Vater für die geistliche Laufbahn bestimmt, durfte Tesla schließlich doch die naturwissenschaftliche Laufbahn einschlagen. Erste Station war im Jahre 1875 die technische Hochschule in Graz, wo er nicht nur zwei Jahre verbrachte, Physik, Mathematik, Maschinenbau und Elektrotechnik studierte, sondern 1937 auch mit dem Ehrendoktortitel ausgezeichnet werden sollte. Trotz seiner naturwissenschaftlichen Begabung war der junge Mann humanistisch sehr gebildet, wie eine seiner Aussagen zeigt: „In diesem Alter (mit 24 Jahren) kannte ich ganze Bücher auswendig, Wort für Wort. Eines davon war Goethes Faust.“

Aus finanziellen Gründen muss Tesla 1879 zurück in seine Heimat, kann sich jedoch über das Selbststudium an der Prager Hochschule auch weiterhin Fachwissen aneignen.1881 tritt Tesla seine erste Anstellung bei der Telefongesellschaft in Budapest an und wechselt ein Jahr später zur Continental Edison Company in Paris. Bei Außendienstarbeiten kann er in Straßburg sein erstes Modell eines Wechselstrommotors bauen. 1884 wandert er in die Vereinigten Staaten aus, wo er sich bei Thomas Alva Edison vorstellt und nach kurzer Bewährungsprobe eingestellt wird. Edison hatte sich zu dieser Zeit auf den Drehstrom konzentriert und versorgte mit einer Generatorstation die Wall Street und das Gebiet um den East River mit Strom. Tesla sah sehr schnell, dass die primitiven Edison-Dynamos effizienter gestaltet werden konnten und schlug Verbesserungen vor. 50.000 Dollar Prämie verspricht Edison, wenn dies Tesla gelingt. Nach einem Jahr ist es soweit. Tesla stellt 24 stark verbesserte Dynamos fertig "Sie haben wohl den amerikanischen Humor nicht verstanden", soll Edison geantwortet haben als Tesla die versprochene Prämie einfordert und bietet stattdessen 10 Dollar Gehaltserhöhung pro Woche. Es kommt zum Bruch zwischen den beiden, der später in den „Strom-Krieg“ über die Dominanz von Gleich- oder Wechselstrom münden sollte.

Nach der Kündigung bei Edison gründete der Erfinder seine erste eigene Firma. Doch seiner unternehmerischen Tätigkeit war kein großer Erfolg beschieden, denn so bedeutend Tesla als Wissenschaftler und Forscher war, so schlecht war er als Geschäftsmann. Trotzdem sollten sich seine Entwicklungen auch für ihn finanziell positiv auswirken. Teslas erster bedeutender wissenschaftlicher Durchbruch war die Entdeckung des rotierenden magnetischen Feldes, auf welchem das Prinzip des Induktionsmotors beruht. 1882 zum ersten Mal gebaut, benutzte er Wechselstrom und wandelte ihn in mechanische Energie um, etwas, das man zu der Zeit nur mit Gleichstrom für möglich hielt. Über diesen Motor hielt Nikola Tesla im Mai 1888 einen Vortrag. mit dem Titel: "Ein neues System von Wechselstrommotoren und Transformatoren" Zu den Zuhörern zählt auch Georg Westinghouse; etwa zwei Monate später wird zwischen den beiden die Zusammenarbeit besiegelt. Westinghouse kauft sämtliche Drehstrompatente und steigt zum größten Konkurrenten von Thomas Edison auf, der auf das Genie des jungen Serben aus Kroatien verzichtet hatte.

Doch der Erfindungsreichtum dieses Mannes war nicht nur auf den Wechselstrom begrenzt. Tesla reichte zwischen 1885 und 1927 mehr als 100 Patente in den USA ein und war seiner Zeit oft um Jahre voraus zu sein. So wurde sein Laboratorium schon mit Leuchtstoffröhren beleuchtet, ehe die Industrie diese als Leuchtmittel entdeckte. Er experimentierte mit Vakuumröhren Jahre bevor sie offiziell erfunden wurden und erkannte als einer der ersten, wie gefährlich Röntgenstrahlen sind. Er erfand die Teslaspule, die noch heute eine Grundlage der Fernsehtechnik ist. Tesla entdeckte 1891 die kosmische Strahlung, berechnete um 1900 die Resonanzfrequenz der Erde und erzeugte Spannungen bis zu 20 Millionen Volt. Er meldet 1916 Patente für Frequenzmesser, Tachometer und Blitzableiter an, 1921 ein Patent auf sein Miniflugzeug nach dem Senkrechtstarterprinzip und 1931 veröffentlichte er Pläne für ein geothermisches Kraftwerk.

Dem herkömmlichen Bild eines genialen aber verschrobenen Erfinders entsprach Tesla durchaus. Wer mit ihm Mahlzeiten einnahm, musste damit rechnen, den Kubikinhalt von Gläsern oder Suppenschüsseln vorgerechnet zu bekommen. Er hatte der Legende nach auch die Manie, dass alles, was ihn umgab, durch drei teilbar sein musste. Außerdem soll Tesla ein fotografisches Gedächtnis besessen haben, so dass er viele seine Erfindungen im Kopf fertig stellte, ehe er sie zu Papier brachte.

Viele seiner Ideen wurden jedoch nicht verwirklicht oder harren noch heute der Überprüfung auf ihre Tauglichkeit für die Praxis. Tesla war alles andere als ein tüchtiger Geschäftsmann, pflegte jedoch einen aufwendigen Lebensstil und hatte daher auch viele Schulden. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass ihm die Regierung des Königreichs Jugoslawien im Jahre 1936 eine jährliche Rente von 7.600 Dollar auf Lebenszeit aussetzte. Trotzdem starb er schließlich mittellos aber nichts desto trotz in einem New Yorker First-Class-Hotel zwischen dem Abend des 5. und dem Morgen des 8. Jänner 1943. Der genaue Todeszeitpunkt ist unbekannt; denn an der Tür seines Zimmers hing ein Schild: „Bitte nicht stören“; daher wurde der Tote erst nach einigen Tagen entdeckt. Sofort nach seinem Tod beschlagnahmte das FBI alle seine Unterlagen und seine Papiere wurden mit dem Siegel „Streng Geheim“ belegt. Diese Vorgangsweise hat wohl begründete Spekulationen genährt, Tesla habe in den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs, vielleicht sogar auch schon davor, an der Entwicklung von Waffen mitgewirkt. Um seinen Nachlass tobte jedenfalls ein jahrelanger Streit zwischen seinen Nachkommen, der jugoslawischen Regierung und den USA.

Teslas Begräbnis fand am 12. Jänner 1943 in einer Kirche in Manhattan statt. Dem toten Genie erwiesen drei Nobelpreisträger die letzte Ehre. Teslas sterbliche Überreste wurden verbrannt. Die Urne ruht seit 1957 im Nikola-Tesla-Museum in Belgrad, das im selben Jahr eingerichtet wurde als die USA einen großen Teil des Nachlasses dem Tito-Staat übergaben. An Tesla erinnert in Belgrad auch noch eine Statue; eine weitere steht bei den Niagara Fällen auf amerikanischer Seite sowie in der kroatischen Stadt Gospic, in deren Nähe Tesla geboren wurde. Diese 1981 errichtete Statue wurde etwa 10 Jahre später von kroatischen Nationalisten zerstört als die Zerfallskriege im ehemaligen Jugoslawien nicht nur in Serbien die Vernunft zum Schweigen gebracht hatte.

Angesprochen auf sein nationales Bekenntnis hat Nikola Tesla ein Mal gesagt, er sei „stolz auf seine serbische Herkunft und auf seine kroatische Heimat.“ Dieser Haltung haben Serbien und Kroatien bisher im Tesla-Jahr nur zum Teil entsprochen. In Serbien ist Tesla auf der 100-Dinar-Note verewigt, auch der Belgrader Flughafen trägt seinen Namen. In Kroatien ist das Jahr 2006 zum Tesla-Jahr ausgerufen worden, wobei die serbische Herkunft des Genies nicht immer entsprechend „gewürdigt“ wird. Immerhin kamen Experten aus Kroatien nach Belgrad, um an der Tesla-Statue Maß zu nehmen, wird doch nun nach mehr als 10 Jahren das zerstörte Monument in Gospic wieder errichtet. An den Tesla-Feierlichkeiten im Geburtsort Smiljan wird auch der serbische Präsident Boris Tadic teilnehmen. So verstärkt schließlich auch die gemeinsame Würdigung von Nikola Tesla – trotz mancher Streitereien um seinen Besitz – die Beziehungen zwischen Serbien und Kroatien, deren Normalität für die Stabilität des ganzen Balkan ebenfalls sehr wichtig ist.

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