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Vor Referendum gegen die Homo-Ehe

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Berichte Kroatien
„Sind Sie dafür, dass die Bestimmung, wonach die Ehe eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau ist, in die Verfassung der Republik Kroatien eingetragen wird?“ So lautet die Frage, über die 3,7 Millionen Bürger am Sonntag abstimmen. Erzwungen hat das Referendum eine private Initiative, die sich „Im Namen der Familie“ nennt. Sie hat binnen zwei Wochen mehr als 750.000 Unterschriften gesammelt, von denen das kroatische Parlament mehr als 680.000 als gültig anerkannt hat. Für ein Referendum sind in Kroatien etwa 500.000 Unterschriften nötig. Die Initiative führte in Kroatien zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den politischen Lagern. Die konservative Opposition ist dafür, die sozialliberale Regierung massiv dagegen. Aus Kroatien berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Die Kampagne für und wider die Volksabstimmung verläuft in Kroatien nicht gerade auf Hochtouren. Abgehalten werden Diskussionsveranstaltungen, Befürworter und Gegner verteilen Flugblätter und geben Pressekonferenzen. Umso heftiger ist der politische Schlagabtausch. Die Mitte-Links-Regierung, die die Abstimmung wohl am liebsten verhindert hätte, warnt ebenso wie Menschenrechtsgruppen und die Jüdische Gemeinde vor wachsender Intoleranz in Kroatien; sie zeigt sich vor allem gegenüber der serbischen Minderheit und geht damit weit über den Anlassfall hinaus. Die Kritik am Referendum formuliert der Aktivist einer Homosexuellen-Initiative, Iwan Novosel, so:

"Das Referendum ist verfassungswidrig, diskriminiert eine Minderheit und schafft Bürger erster und zweiter Klasse. Denn mit dieser Definition werden Menschen diskriminiert, die keine heterosexuelle Ehe eingegangen sind. Somit ist das Referendum ausdrücklich gegen die Menschenrechte gerichtet."

Der Pferdefuß dieser Argumentation liegt darin, dass die Verfassung keine thematischen Einschränkungen für Volksabstimmungen vorsieht. Außerdem kennt das Referendumsgesetz keine Mindestteilnahme, damit die Abstimmung gültig ist. Einen entsprechenden Paragraphen strich das Parlament vor mehr als zwei Jahren, um den positiven Ausgang der EU-Volksabstimmung nicht zu gefährden. Die Initiatoren des Referendums, die Bürgerinitiative „Im Namen der Familie“ nutzte somit nur die bestehende Rechtslage aus. Sie will verhindern, dass in Kroatien wie in Frankreich eine gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt werden kann. Die massive Kritik kommentiert die Sprecherin der Initiative, die Ärztin Zeljka Markic, so:

"Wir sind in der Lage des biblischen David gegen den Goliath; das ist ein großer Staatsapparat, der seine Macht und Finanzen missbraucht, um es den Bürgern zu erschweren, an der Abstimmung teilzunehmen. Ich denke, dass die Mehrheit versteht, dass am ersten Dezember nicht nur darüber entschieden wird, ob Ehe als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau definiert wird, sondern dass es auch darum geht, ob wir in Kroatien eine Demokratie erkämpfen können oder nicht."

Am Ausgang der Abstimmung gibt es kaum Zweifel, wenn Umfragen stimmen; 68 Prozent der Befragten waren gegen die Homo-Ehe, sogar knapp 40 Prozent der Anhänger des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Zoran Milanovic sollen sie ablehnen. Milanovic will Verfassung und Referendumsgesetz ändern, um Volksbegehren künftig noch schwerer zu machen. Außerdem soll das Gesetz über gleichgeschlechtliche Partnerschaften novelliert werden; sie sollen mehr Rechte bekommen und künftig vor Standesämtern geschlossen werden. Weiter nicht vorgesehen ist ein Adoptionsrecht. Die eigentlichen Verlierer des ideologischen Grabenkrieges in Kroatien sind die Familien. Ihre soziale Lage wird durch die grassierende Wirtschaftskrise immer prekärer; die Zahl der Eheschließungen sinkt, die Zahl der Scheidungen und hilfesuchender Familien bei der Caritas steigt. Das wird auch nach dem Referendum so bleiben, weil die Regierung kein Mittel gegen die Krise in Kroatien findet, wo die Arbeitslosenrate bereits 20 Prozent erreicht hat.

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