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Familienreferendum gegen die Homo-Ehe

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In Kroatien wird am 1. Dezember eine Volksabstimmung darüber stattfinden, ob in der Verfassung der Begriff der Familie als Gemeinschaft von Mann und Frau festgeschrieben wird. Erzwungen hat dieses Referendum eine private Initiative, die sich „Im Namen der Familie“ nennt. Sie hat binnen zwei Wochen mehr als 750.000 Unterschriften gesammelt, von denen das kroatische Parlament mehr als 680.000 als gültig anerkannt hat. Für ein Referendum sind in Kroatien etwa 500.000 Unterschriften nötig. Die Initiative führte in Kroatien zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den politischen Lagern. Die konservative Opposition ist dafür, die sozialliberale Regierung massiv dagegen. Vertreter von Homosexuellen-Organisationen und die kleine jüdische Gemeinde warnten vor wachsender Intoleranz in der kroatischen Gesellschaft. Aus Kroatien berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

„Sind Sie dafür, dass die Bestimmung, wonach die Ehe eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau ist, in die Verfassung der Republik Kroatien eingetragen wird?“ So lautet die Frage, über die 3,7 Millionen Bürger am Sonntag abstimmen werden. Bei einer Umfrage waren mehr als Zwei Drittel der befragten Kroaten für diese Definition der Ehe; diese Stimmung spiegelt auch eine Straßenbefragung in Agram wider:

Mann:

"Ich würde die homosexuellen Gruppen fragen, woher sollen die Kinder kommen, die sie adoptieren wollen. Wird es vielleicht eine Fabrik geben, die Kinder erzeugt und nur darauf wartet, damit sie kommen und die Kinder adoptieren? Die Geburtenrate sinkt derart drastisch; wenn wir das jetzt noch erlauben, dann wird es noch viel schlechter werden."

Vereinzelt gibt es aber auch Gegenstimmen:

Frau:

" Sie soll doch tun was und heiraten wie sie wollen. In einer derartigen Krise Geld aus dem Budget für eine derartige Dummheit und eine derart unwichtige Sache hinauszuwerfen, das ist völlig absurd. Daher geht es mit uns bergab."

Das Referendum wird das erste sein, das in Kroatien eine Bürgerinitiative erzwungen hat. Unterstützt hat die Initiative „Im Namen der Familie“ vor allem die Katholische Kirche. 6.000 Freiwillige sammelten die Unterschriften. In Kroatien definiert das Familiengesetz Ehe als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau. Warum diese Definition in der Verfassung festgeschrieben werden soll, erläutert in Agram die Ärztin Zeljka Markic, die als Sprecherin der Volksbegehrens-Initiative auftritt:

"Auslöser waren die Ereignisse in Frankreich; dort hat die Regierung in einem Land mit langer demokratischer Tradition den Willen ihrer Wähler missachtet, und zwar in einer derart wichtigen Frage wie das die Definition der Ehe ist. In Verbindung mit der totalitären ideologischen Erfahrung in Kroatien haben wir uns zu einer Bürgerinitiative entschlossen; wir denken, dass die Ehe eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau ist, und wir wollten sicherstellen, dass das die Bürger bei einer Volksabstimmung bestätigen können, wenn sie das wollen."

Massiv gegen die Abstimmung sind Menschenrechtsorganisationen sowie Vertreter homosexueller Gruppen. Einer ihrer Sprecher, der 25-jährige Politologe Iwan Novosel begründet seine Ablehnung so:

"Mit der Festschreibung in der Verfassung wird es uns für die Zukunft unmöglich gemacht, eine Ehe schließen zu können, und zwar unabhängig davon, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in den kommenden Jahren urteilen wird. Derzeit ist das nach dem Familiengesetzt zwar auch nicht möglich, doch mit der Verankerung in der Verfassung wird auch an die Bürger eine Botschaft ausgesandt. Wir fühlen uns nun als Bürger zweiter Klasse. Hinzu kommt, dass nach drei Jahren Fortschritten wir nun wieder eine große Zunahme an Hasstiraden im Internet und auf der Straße feststellen. Und das führt zu großer Angst unter Angehörigen gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften."

Novosel hält die Abstimmung überhaupt für verfassungswidrig. Dieser Meinung widersprach sogar der sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic, der ein erklärter Gegner des Referendums ist:

„Durch die Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau wird niemandem irgendein Recht verweigert, sollte das Referendum erfolgreich sein. Trotzdem zeigt das für mich eine Intoleranz gegenüber einer Minderheit; damit bin ich nicht einverstanden; doch solange die Verfassung das Referendumsrecht nicht einschränkt, können wir diese Abstimmung nicht verhindern. Das ist gefährlich, und daraus werden wir Konsequenzen ziehen, wenn wir klug sind.“

Hinzu kommt, dass das Referendumsgesetz keine Mindestteilnahme an einer Abstimmung festschreibt, damit ein Referendum gültig ist. Ein entsprechender Paragraph wurde gestrichen, um den positiven Ausgang der Volksabstimmung über den EU-Beitritt nicht zu gefährden, die Ende Jänner 2012 stattfand. Die Regierung will nun Verfassung und Referendumsgesetz ändern, um Volksabstimmungen weiter zu erschweren; sie sollen künftig bei Themen unmöglich werden, die Minderheiten und Fragen des Budgets betreffen. Novellieren will die Regierung auch das Gesetz über gleichgeschlechtliche Partnerschaften aus dem Jahre 2003. Es enthält keine Bestimmung, wie der Beginn einer derartigen Partnerschaft rechtlich dokumentiert wird. Erst im Falle eine Trennung müssen gleichgeschlechtliche Paare vor Gericht beweisen, dass sie tatsächlich mindestens drei Jahre zusammengelebt haben, um Ansprüche auf Vermögensteilung und Alimentation geltend machen zu können. Geplant sind nun eine eingetragene Partnerschaft vor dem Standesamt und größere Rechtssicherheit für die Partner aber kein Adoptionsrecht. Diese Pläne gehen Homosexuellen-Gruppen daher nicht weit genug, wie Iwan Novosel betont:

"Wir wollen, dass diese Lebenspartnerschaft auch heterosexuellen Paaren möglich sein soll, die keine traditionelle Ehe eingehen wollen. Darüber hinaus wollen wir völlige Gleichheit; das heißt, dass auch zwei gleichgeschlechtliche Personen eine Zivilehe schließen und danach Kinder adoptieren können."

Weitgehend untergegangen ist in der ideologisierten Auseinandersetzung in Kroatien bisher die Lage der Familien an sich. Dabei sind sich auch die Initiatoren der Volksabstimmung der Tatsache bewusst, dass eine Verfassungsänderung an der tristen Lage vieler Familien nichts ändern. Dazu sagt Zeljka Markic:

"Dieses Referendum ist der erste Schritt zu einem besseren Schutz der Familie, der Kinder und der Ehe. Das soll auch eine Botschaft an die Regierung sein, sich nicht von Ideologie leiten zu lassen, sondern ihre Arbeit zu machen, das heißt die Wirtschaftslage zu verbessern. Eine große Zahl unserer Freiwilligen sind alleinerziehende Eltern; sie wissen am besten, wie schwer es ist, ein Kind allein zu erziehen, und wie wichtig für die Entwicklung eines Kindes Vater und Mutter sind. Wir haben in Kroatien 60.000 alleinerziehende Eltern, die keine Alimente bekommen, obwohl sie ein entsprechendes Gerichtsurteil in Händen haben.“

Von der sozialen Krise sind auch die Familien betroffen. Im Vorjahr verfügte eine Familie mit zwei Kindern im Monat im Durchschnitt über Einkünfte von umgerechnet 1070 Euro. Doch zur Deckung der Fixkosten und lebenswichtiger Ausgaben wären statistisch gesehen mehr als 1500 Euro nötig gewesen. Die Krise zeigt auch die Zahl der Eheschließungen; 2011 schlossen 20.200 Kroaten den Bund fürs Leben, das ist sogar weniger als 1990 am Vorabend des blutigen Zerfalls des kommunistischen Jugoslawien. Parallel dazu steigt nicht nur die Zahl der Scheidungen, sondern auch der Bedürftigen, die etwa bei der Caritas der Erzdiözese von Agram um Hilfe bitten. Dazu sagt der Sekretär der Caritas Zvonko Herceg:

"In den vergangenen drei Jahren haben wir einen Anstieg um 25 bis 30 Prozent zu verzeichnen. Am meisten plagen Familien finanzielle Schwierigkeiten. Immer mehr Familien können ihre Kredite nicht mehr bedienen; die Rückzahlung klappt noch irgendwie, solange beide Eltern oder einer von ihnen noch arbeiten. Sind beide arbeitslos, klappt das Löcherstopfen nicht mehr. In Kroatien haben wir 350.000 Arbeitslose und bis zu 70.000 Personen, die zwar formell beschäftigt sind, aber keinen Lohn bekommen. In vielen Fällen kommt es dann zum finanziellen Zusammenbruch, die Banken lassen das Eigentum und sogar die Wohnungen pfänden, und dann stehen die Familien auf der Straße, was das Schlimmste ist."

Das Referendum wird mit großer Sicherheit dazu führen, dass die Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau in der Verfassung verankert werden wird. Außerdem will die Regierung die Rechte homosexueller Paare stärken. Die ideologischen Grabenkämpfe werden somit ebenso weitergehen wie der Bevölkerungsschwund in Kroatien, weil es der Regierung bisher nicht gelingt das Land aus der Krise zu führen und damit die triste Lage vieler Familien zu verbessern.

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