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400 Jahre Union von Marca

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Berichte Kroatien
In Kroatien gedenkt die Katholische Kirchen heuer einem ganz besonderen Jahrestag; es geht um die Bildung der Union von Marca, die im 1611 unter der Patronanz der Habsburger zwischen dem orthodoxen Abt des Klosters von Marca Bischof Simeon Vratanja und dem Bischof von Agram Petar Domitrovic geschlossen worden ist. Diese Union bestätigte Papst Paul V. Ende November 1611 in Rom und im Jänner 1612 erteilte auch Kaiser Ferdinand III: allen Offizieren an der Militärgrenze die Auftrag Bischof Simeon bei seinen täglichen Aufgaben zu unterstützen. Diese Union von Marca und die griechisch-katholischen Christen haben alle Stürme und Kriege in den vergangenen vier Jahrhunderten überdauert. Zur Feier dieser Union wurde Mitte Mai in der Stadt Jastrebarsko 20 Kilometer südlich von Agram die erste seit gut einhundert Jahren neuerbaute griechisch-katholische Kirche geweiht. Mit dabei war unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz, der den folgenden Beitrag über Geschichte, Leben und die Herausforderungen der griechisch-katholischen Gemeinde in Kroatien gestaltet hat:

Die Einweihung der griechisch-katholischen Kirche mit ihrem 20 Meter hohen Glockenturm bildet wohl den Höhepunkt der Feierlichkeiten zur Bildung der Union von Marca vor 400 Jahren. Die Kirche und das kleine Pfarrhaus sollen ein neues pastorales Zentrum für die Gläubigen in der 17.000 Einwohner zählenden Stadt Jastrebarsko sein. Von ihrer Architektur her enthält das Gebäude sowohl griechische als auch lateinische Elemente, als orthodoxe Kirche ist es auf den ersten Blick jedenfalls nicht zu erkennen. Andererseits entspricht die Liturgie dem byzantinischen Ritus; auf die Union verweist aber der Umstand, dass bei der Messe statt für den Patriarchen für den römischen Papst Benedikt gebeten wird …

Den historischen Hintergrund für die Union von Marca bildete der Kampf der Uskoken gegen das Vordringen des Osmanischen Reiches auf dem Balkan. Teile dieser Volksgruppe, die einen südslawischen aber auch walachischen Dialekt sprachen, siedelten sich im 16. Jahrhundert als Flüchtlinge im Gebiet von Marca im heutigen Kroatien an und gründeten dort ein orthodoxes Kloster. Um die Militärgrenze gegen die Türken zu stärken, unterstützten die Habsburger diese Wehrbauern materiell und förderten die Bildung der Union. Die Bedeutung der Habsburger betont auch der griechisch-katholische Bischof Nikola Kekic:

„Die Habsburger hatten als Könige von Ungarn auch das Recht Bischöfe in Ungarn und Kroatien zu ernennen. So haben sie auch die Bischöfe von Marca ernannt, die dann der Papst bestätigt hat. Somit hingen wir von Beginn vom Habsburger Kaiser ab, und zwar nicht nur wegen der Ernennung, sondern auch wegen der materiellen Hilfe, damit der Bischof leben konnte.“

Nunmehr erfolgt die Ernennung nur durch den Papst, doch die Verbundenheit mit dem Hause Habsburg blieb bestehen. So wurde bei der Einweihung der Kirche eine Grußbotschaft von Karl Habsburg verlesen. Bei der Bildung der Union spielte neben lokalen Besonderheiten der Umstand eine Rolle, dass die Kirchenspaltung damals noch nicht so tief war. Dazu sagt in Jastrebarsko Ernst Christoph Suttner, der mehr als 25 Jahre an der Universität Wien den Lehrstuhl für Ostkirchenkunde leitete:

„Diese Grenzziehung, die wir heute gewohnt sind, stammt aus dem 18. Jahrhundert; 1611 sind wir mehr als 100 Jahre davor, und da war es noch durchaus üblich, dass man sich gegenseitig respektiert hat. Und der kirchliche Führer von den Uskoken war natürlich nicht nur für die kirchlichen sondern auch für die weltlichen Belange zuständig, und deshalb hat er sehr bald versucht, mit dem Bischof von Agram in jeder Beziehung Frieden und Ausgleich zu finden, und das nennt man heute die Union von Marca.“

Diese Beziehungen blieben aber nicht so gut. So gelang es den Bischöfen von Agram mit der Zeit, die Unabhängigkeit der Bischöfe von Marca zu beschneiden; und nach einer serbischen Flüchtlingswelle Ende des 17. Jahrhunderts verschlechterte sich auch das Verhältnis zur Orthodoxie; sie sah die Griechisch-Katholischen nur mehr Verräter, die den wahren Glauben gegen den Papismus eingetauscht hatten. Ihre Haltung beschreibt der in Deutschland aufgewachsene griechisch-katholische Priester Robert Ratinovic:

„Die Orthodoxen haben so reagiert, dass sie das Kloster von Marco, wo unser Bischof residiert hat, einfach abgebrannt haben, und haben so versucht, gegen die Union anzukämpfen; und sie haben drei Bistümer gegründet auf kroatischem Territorium und haben es dann langfristig geschafft, außerhalb von Sumberak, in den Gebieten, wo damals mehr als 100.000 Griechisch-Katholische gesiedelt haben, diese zum orthodoxen Glauben zurückzugewinnen, wie sie sagen, also zu assimilieren.“

Ein schleichender Assimilationsdruck ging über die Jahrhunderte aber auch von der engen Verbindung mit Österreich, der Nähe zu Italien und von der katholischen Kirche in Kroatien aus. Nur 1,5 Prozent der katholischen Kroaten sind griechisch-katholisch. Mit etwa 3.000 Mitgliedern lebt die größte Gemeinde in der Hauptstadt Agram, und viele Gläubige besuchen sehr oft lateinische Messen. Besonders schwierig war ihre Lage während der Zerfallskriege im ehemaligen Jugoslawien als Kroaten die Griechisch-Katholischen oft für Serben hielten. Dazu sagt Bischof Nikola Kekic:

„Vor allem in den Städten hatten unsere Gläubigen zu Kriegsbeginn große Probleme. Denn wir bekreuzigen uns gleich wie alle Orthodoxen mit drei Fingern, und dann wurde ihnen gedroht, dass sie zweifelhaft und Serben seien. So hatten viele Familien während des Krieges große Probleme wegen des mangelnden Verständnisses.“

Nikola Kekic ist Bischof der Diözese von Krisevac. Sie umfasst etwa 22.000 Gläubige, die auch in Slowenien und Bosnien und Herzegowina leben. Drei Viertel der Herde lebt aber in Kroatien und versteht sich als Kroaten, die eben einer religiösen Minderheit angehören. Die Liturgiesprache ist daher kroatisch und altslawisch; doch zur Diözese zählen auch Ruthenen und Ukrainer, die eine religiöse und eine nationale Minderheit bilden, wobei in der Liturgie dann auch Ruthenisch und Ukrainisch verwendet werden. Nikola Kekic ist Mitglied der Bischofskonferenz der kroatischen Bischöfe. Seiner Ansicht nach wissen die meisten Katholiken über ihre griechisch-katholischen Glaubensbrüder viel zu wenig. Doch es gibt auch positive Tendenzen, die der Geistliche Robert Ratinovic betont:

„Auch im Religionsunterricht wird eben der östliche Ritus, der griechisch-katholische, in den katholischen Religionsbüchern behandelt. Das passiert hier vor allem im siebenten Schuljahr; da ist das eben eines der Hauptthemen; und zum Beispiel in diesem Jahr hatte ganz Kroatien im nationalen Katechese-Wettbewerb, der hier ausgeführt wird im ganzen Land, da war das Thema Griechisch-Katholische Gläubige, weil wir eben dieses 400jährige Jubiläum heuer feiern.“

Die Diözese von Krisevac zählt mehr als 30 Geistliche; Priestermangel gibt es keinen. Das Grundgehalt von umgerechnet 700 Euro bezahlt der Staat. Die Priester dürfen heiraten; sie sind in ihren Pfarren auch als Religionslehrer tätig, wobei dieser Religionsunterricht ein Mal pro Woche zusätzlich zum Schulunterricht stattfindet. Zum Inhalt sagt der Pfarrer von Jastrebarsko, Daniel Vranesic:

„Wir unterrichten die Besonderheiten des byzantinischen Ritus, wie zum Beispiel unsere Liturgie, die byzantinischen Gesänge slawischen Typs, die Besonderheiten altslawischer Gebete. Was unsere Tradition betrifft, so sind wir aus den Uskoken hervorgegangen, das ist eine Armee, die dem Wiener Hof bei der Verteidigung gegen die Türken diente. Und auch das betonen wir, denn wir sind die Nachkommen dieser berühmten Uskoken, der Verteidiger des Reiches in diesem Gebiet.“

Zu den Besonderheiten zählen auch die Verwendung des Gregorianischen und des Julianischen Kalenders sowie die jährliche Feier der Slawa, des Schutzheiligen der gesamten Großfamilie. Diese Feier verbindet die Griechisch-Katholischen ebenso mit den orthodoxen Gläubigen wie das Verständnis der Messfeier, das sich grundlegend vom lateinischen Denken unterscheidet. Dazu sagt Robert Ratinovic:

„ Der Osten ist anders. Wenn einer zum Gottesdienst kommt, dann will er im Grunde nicht so sehr mitvollziehen was dort geschieht, weil es viel wichtiger ist, dass man eben Gott erfahren hat; das heißt, man will ein Gotteserlebnis haben, darum sagt man oft, dass der Osten eine mystische Liturgie hat, und der Westen im Gegenzug eben die Kirche und die Theologie, was den Verstand angeht, zum Höhepunkt gebracht hat. Und da haben wir kroatischen Griechisch-Katholischen eben einen Nachholbedarf, uns wieder zurückzubesinnen, aber das ist eben schwer in einer Mitte, wo wir in der Minderheit sind.“

Trotzdem blick Ratinovic nicht pessimistisch in die Zukunft; der Wille zur Traditionspflege und zur Bewahrung des eigenen Ritus ist unter den Geistlichen stark; und mit der Einweihung der Kirche in Jastrebarsko, die den Beinamen „Verklärung des Herrn“ trägt, hat die griechisch-katholische Gemeinde doch auch ein klares Lebenszeichen in Kroatien gesetzt.

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