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Auseinandersetzung über die Gedenkfeier in Bleiburg

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Am Bleiburger Feld findet heute wieder die Gedenkveranstaltung für die Personen statt, die die Briten am Ende des Zweiten Weltkrieges an die siegreichen kommunistischen Partisanen ausgeliefert haben. Ausgeliefert wurden etwa 150.000 Personen, darunter Kroaten, Serben, Montenegriner, Slowenen, die gegen die neuen Machthaber gekämpft haben aber auch Zivilisten. In Kroatien sind Bleiburg und die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges noch immer ein Thema, das die politischen Parteien spaltet. So hat die Mitte-Links-Regierung jüngst mit ihrer Mehrheit beschlossen, dass das Parlament den Ehrschutz über die Gedenkfeier in Bleiburg nicht mehr übernehmen wird. Dass dieses Thema aber auch die Öffentlichkeit interessiert, zeigt der Umstand, dass die zum Styria-Verlag gehörende Tageszeitung Vecernji List das Buch des Kärntner Historikers Florian Thomas Rulitz „Die Tragödie von Bleiburg und Viktring“ nun in einer kroatischen Übersetzung auf den Markt gebracht hat. Aus Kroatien berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Seit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 war Kroatien viele Jahre entlang der Linie Jasenovac-Bleiburg gespalten. Das KZ-Jasenovac gilt als Synonym für die Massenmorde des faschistischen Ustasa-Regimes im Zweiten Weltkrieg, Bleiburg ist das Symbol für die Massenmorde der siegreichen Partisanen unmittelbar bei Kriegsende und danach. In den vergangenen Jahren bewegten Kroatien jedoch andere Themen, das Haager Tribunal, der EU-Beitritt und die tiefe wirtschaftliche Krise. Doch die seit Dezember regierende Mitte-Links-Koalition nutze ihre Mehrheit und beschloss, dass der Ehrenschutz durch das Parlament, der seit mehr als zehn Jahren bestand, nicht mehr übernommen wird. Dazu sagt in Agram der Leiter des Buchverlages von Vecernji List, Zvonimir Despot:

„Dieser Ehrenschutz umfasste auch die finanzielle Unterstützung der Gedenkfeier und im Namen des Parlaments hielt einer seiner Vertreter die einleitende Rede. Die Abschaffung dieses Ehrenschutzes wurde nun auch damit begründet, dass es in Bleiburg selbst auch keine Opfer gegeben habe. Gleichzeitig wurde bereits an der kroatischen Übersetzung des Buches von Thomas Rulitz gearbeitet, das neue Daten zu Bleiburg enthält. Daher haben wir uns zu einer derart hohen Auflage entschlossen, weil wir überzeugt sind, dass das Buch seine Käufer finden wird.“

So hat der Historiker Florian Thomas Rulitz an Hand von Dokumenten etwa 100 kroatische Opfer in Kärnten identifiziert, die schrittweise auf den neuen Friedhof bei der Gedenkstätte in Bleiburg umgebettet werden sollen. Die kroatische Übersetzung seines Buches hat Vecernji List in einer Auflage von 8.000 Stück herausgebracht, seit zwei Tagen ist das Buch an Kiosks in ganz Kroatien erhältlich. Doch warum hat die Mitte-Links-Regierung in einer Zeit, in der jeder Fünfte Kroate arbeitslos ist, Bleiburg wieder zu einem Thema gemacht? Dazu sagt Zvonimir Despot von Vecernji List:

„Nicht nur meine Schlussfolgerung lautet, dass das die Regierenden getan haben, weil sie einerseits durch ihre Ideologie belastet sind; zweitens half ihnen das, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von sich selbst und davon abzulenken, dass sie auf die Übernahme der Macht nicht vorbereitet waren und auch kein Programm haben, wie das Land aus der Krise geführt werden soll.

Erbittert hat das konservative Lage in Kroatien vor allem der Umstand, dass das Parlament weder einen anderen Ort noch ein anderes Datum für eine Gedenkfeier festgelegt hat. Dadurch entsteht der Eindruck, dass nur mehr den Opfern der einen Seite gedacht werden soll. Dabei macht die Aufarbeitung der Vergangenheit abseits der Politik enorme Fortschritte. So wird das kroatische Institut für Geschichte demnächst eine Datenbank mit den Namen von 400.000 Personen online stellen, die im Zweiten Weltkrieg in Kroatien umgekommen oder ermordet worden sind.

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