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Kroatisches Parlament beendet Finanzierung von Bleiburg

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Im Mai findet in Bleiburg jedes Jahr eine Gedenkveranstaltung für die Personen statt, die die Briten am Ende des Zweiten Weltkrieges an die siegreichen kommunistischen Partisanen ausgeliefert haben. Ausgeliefert wurden etwa 150.000 Personen, darunter Kroaten, Serben, Montenerginer, die gegen die neuen Machthaber gekämpft haben aber auch Zivilisten. Den Ehrschutz über diese Veranstaltung hatte das kroatische Parlament, das auch die Gedenkstätte in Bleiburg finanzierte. Finanzierung und Ehrenschutz werden ab dem kommenden Jahr eingestellt. Dieser Beschluss hat in Kroatien eine politische Kontroverse ausgelöst, berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

In Kroatien regiert seit Dezember eine Mitte-Links-Koalition. Ihre Mehrheit beschloss im Parlamentspräsidium, die Finanzierung der Gedenkstätte in Bleiburg im Ausmaß von 60.000 Euro ab dem kommenden Jahr einzustellen. Auch der Ehrenschutz wird nicht mehr übernommen. Als schändlich werteten den Beschluss die ehemalige konservative Ministerpräsidentin Jadranka Kosor und die katholische Kirche. Die Gedenkstätte besuchen nicht nur Hinterbliebene, Nachkommen oder Sympathisanten der faschistischen Ustasa-Bewegung. Auch der sozialdemokratische Staatspräsident Ivo Josipovic und der nunmehrige sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic waren in Bleiburg; und vor mehr als zehn Jahren, in der Zeit der ersten sozialdemokratischen Regierung, übernahm das Parlament den Ehrenschutz. Warum dieser gerade jetzt abgeschafft wurde, begründet in Agram der Philosoph Zarko Puhovski so:

„Die Regierungskoalition will teilweise damit zu ihren Wählern zurück, die von ihren konkreten wirtschaftlichen Maßnahmen getroffen wurden; diese Wähler denken, dass diese Politik liberalen Prinzipien näher ist als sozialdemokratischen. Ich fürchte, dass dieser Beschluss falsch ist, vor allem deshalb, weil es hier nicht um Ideologie sondern um Opfer geht. Viele dieser Leute, die ermordet wurden, wären wohl nach damaligen Prinzipien als Verbrecher verurteilt worden. Doch Tatsache ist, dass sie in keinem Verfahren verurteilt wurden, und daher kann man sie nur als Opfer einer Ordnung betrachten, die sich auf die Machtübernahme vorbereitete und dies als Möglichkeit sah, mit möglichen Gegnern fertigzuwerden, die den neuen Machthabern hätten Schwierigkeiten bereiten können.“

Als falsch bezeichnet es Puhovski auch, dass das Parlament weder einen anderen Ort noch ein anderes Datum für eine Gedenkfeier festgelegt habe:

„So sieht es nun aus, dass man den Opfern der einen Seite nicht mehr gedenken will, sondern nur den Opfern der anderen Seite, und das wird in der Öffentlichkeit wieder einigen Staub aufwirbeln, obwohl natürlich vielen Leuten das Gerede über die Vergangenheit beim Halse heraus hängt.“

Trotzdem besteht in Kroatien noch immer eine Spaltung entlang der Linie Jasenovac – Bleiburg. Das KZ-Jasenovac gilt als Synonym für die Massenmorde des faschistischen Ustasa-Regimes im Zweiten Weltkrieg, Bleiburg ist das Symbol für den Massenmord der siegreichen Partisanen unmittelbar bei Kriegsende und danach. Doch eine umfassende Vergangenheitsbewältigung hat in Kroatien bisher nicht stattgefunden, auch weil davon Staatsgründer Franjo Tudjman betroffen wäre, der im Zweiten Weltkrieg Partisanen-General war.

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