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Porträt der kroatischen Außenministerin Vesna Pusic

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Berichte Kroatien
In Kroatien hat gestern eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bürger für den Beitritt zur Europäischen Union gestimmt. Gering war allerdings die Beteiligung am Referendum. Nicht ein Mal jeder zweite Kroate stimmte ab. Trotzdem dominierte die Freude heute die Schlagzeilen der Tageszeitungen. „Kroatien stimmte für die die EU“ titelte etwa Vecernji List“, und die Konkurrenzzeitung Jutarnji List list titelte „Die Kroaten haben zum zweiten Mal ich wichtigstes Ja gesagt“, denn das erste Ja war das Ja zur Unabhängigkeit vor 20 Jahren. Zufrieden war auch die gesamte politische Führung, darunter auch die neue Außenministerin Vesna Pusic, die heute bereits am Treffen der EU-Außenminister in Brüssel teilnimmt. Mit ihr hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz über Kroatien, die EU und die Ziele von Kroatien in der EU gesprochen; hier sein Bericht:

Die 58jährige Vesna Pusic ist eine zierliche Frau, mit blondem, halblangem Haar und einer bedächtigen aber entschlossen wirkenden Stimme. In ihrem Leben vereint sie Theorie und Praxis, denn Pusic war bis zu ihrer Bestellung zur Außenministerin im Dezember auch Universitätsprofessoren für Soziologie mit dem Schwerpunkt Politische Theorie. 1953 in Agram geboren, gehörte sie 1990, beim Zerfall des kommunistischen Jugoslawien, zu den Gründungsmitgliedern der liberalen HNS, der Kroatischen Volkspartei. Auch gestern, nach dem erfolgreichen Referendum, erinnerte sich Pusic zurück, und zwar an das magische Jahr 1989, als die Berliner Mauer fiel; Vesna Pusic:

„Im Jahre 1989 schien es mir, dass Kroatien die EU in zwei drei Schritten erreichen kann. Seit damals sind 23 Jahre vergangen und heute stehen wir an der Schwelle. Für mich bedeutet das die Erfüllung der Verpflichtung meiner Generation gegenüber unserem Land. Das ist das, was wir unseren Nachfahren hinterlassen können, eine – soweit das in der Politik möglich ist - Dauerhaftigkeit politischer Institutionen, die Kroatien in den vergangenen 150 Jahren niemals gehabt hat.“

An der Erfüllung dieser Verpflichtung war Vesna Pusic auch als Politikerin beteiligt. So leitete sie in den vergangenen vier Jahren den Parlamentsausschuss für die EU-Integration und arbeitete dabei eng mit der konservativen Regierung zunächst unter Ivo Sanader und dann unter Jadranka Kosor zusammen. Zu ihren politischen Vorbildern zählt Pusic den ehemaligen deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher; sich selbst beschreibt Pusic so:

„Mir imponiert an Politikern die Fähigkeit, Dinge in der Praxis zu ändern ohne die eigenen Ideale über Bord zu werfen. Ich würde nichts mit Freude tun können, wenn ich aus innerer Überzeugung daran nicht glauben könnte. Zweitens habe ich eine ziemlich große Ausdauer. Wenn ich mir selbst eine Aufgabe stelle, dann bin ich nur sehr schwer davon abzubringen. Und Drittens habe ich einen großen Wissensdurst, und Kommunikation mit Menschen erfüllt mich mit großer Zufriedenheit.“

Klare Vorstellungen hat die Außenministerin über die Rolle, die Kroatien im ehemaligen Jugoslawien spielen soll: Dazu zählt auch der feste Wille, Probleme etwa mit Serbien, selbst zu lösen; Vesna Pusic:

„ Wir wollen Kroatien in ein Land verwandeln, von dem ein neues politisches Bewusstsein ausgeht. Aus historischen Gründen hat sich hier ein gewisses Abhängigkeitsbewusstsein gegenüber Großmächten und größeren Staaten in der Umgebung entwickelt. Wir haben aber erlebt, dass Dir niemand helfen kann, wenn du dir nicht auch selbst hilfst. So müssen wir fähig sein und werden, die Verantwortung für uns selbst und für unsere Region zu übernehmen. Dadurch können wir für Europa auch eine wichtige Sache leisten; sie ermöglicht uns die Erfüllung der ersten Aufgabe jeder erfolgreichen Außenpolitik, die daran besteht, dass Dein Einfluss etwas stärker als Deine Größe ist.“

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