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Fallende Zustimmung zur EU am Balkan

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Berichte Kroatien
Bis zum Sommer kommenden Jahres dürfte Kroatien als nächstes Land des ehemaligen Jugoslawien die Beitrittsverhandlungen mit der EU abgeschlossen haben. Doch eine Zustimmung der Kroaten zum Beitritt ist noch keineswegs gesichert. So würde derzeit eine Mehrheit gegen den Beitritt stimmen. Das geht aus einer Umfrage hervor, die das Meinungsforschungsinstitut Gallup in Kroatien durchgeführt hat und die heute in Brüssel präsentiert wird. Zur EU befragt wurden auch jeweils 1000 Bewohner in den anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawien sowie in Albanien. Auch in diesen Staaten zeigt sich eine rückläufige Zustimmung zur EU, obwohl das Ja zu einem Beitritt noch immer sehr hoch ist. Vorab gelesen hat die Gallup-Untersuchung unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz; hier sein Bericht:

Je weiter weg die Staaten des Westbalkan von einer EU-Mitgliedschaft sind, desto größer ist die Zustimmung zur Europäischen Union. So sind mehr als 80 Prozent der Albaner im Kosovo und in Albanien der Meinung, dass die EU eine gute Sache sei, während in Serbien und Mazedonien nur 44 bzw. 60 Prozent dieser Ansicht sind. Das generell ehe sinkende Image hat nicht zuletzt mit der Krise der EU zu tun. Sie spüren auch die Bewohner des Balkan, wie der Leiter des Gallup-Balkan-Monitor, Andrzej Pyrka, erläutert:

"Das können wir in einigen anderen Bereichen sehen, dass Leute auch unmittelbar sehen können, welche Effekte die Krise in der EU hat, weil immer mehr Leute zurückkehren, Arbeitsmigranten aus den westeuropäischen Ländern, weil immer weniger Leute sagen, dass es sich lohnt in Europa arbeiten zu gehen, weil immer weniger Geld zurückfließt aus den westeuropäischen Ländern in den Balkan."

Bei einem Referendum würden derzeit jedoch noch immer mehr als zwei Drittel der Balkan-Bürger für den EU-Beitritt stimmen. Hier dominiere die Einstellung, dass man diese Chance einfach nicht verpassen dürfe, erläutert Andrzej Pyrka. Die große Ausnahme ist Kroatien. Nur ein Viertel der Befragten denkt, dass die EU eine gute Sache sei, und nur 38 Prozent würden für den Beitritt stimmen. Einen derartigen Trend hat Gallup bereits vor der großen Osterweiterung beobachten können; dazu sagt Pyrka:

Ich kann als Beispiel nennen die Zahlen, die wir vor 2004 gemessen haben in den osteuropäischen Ländern, die dann der EU beigetreten sind. In dem Jahr vor dem Beitritt sank in allen Ländern die Zustimmung von 85 auf 43 Prozent. Allerdings haben wir auch festgestellt, als wir die Zahlen verglichen haben mit den Zahlen vor 2004, dass auf ein so niedriges Niveau wie in Kroatien die Zustimmung nie gefallen ist."

Das Meinungsbild in Kroatien interpretiert Andrzej Pyrka so:

"Wir fragen in allen Ländern des Westbalkan, ob die Menschen glauben, dass es ihrer Wirtschaft in Zukunft besser gehen wird oder schlechter, und in Kroatien sind des Zwei Drittel, 64 Prozent, die sagen schlechter. Also die Menschen sehen große Probleme, aber sie scheinen nicht zu sehen, die EU ihnen eine Hilfe sein könnte bei der Bewältigung dieser Probleme. Und da spielt natürlich auch mit herein, dass in Nachbarländern trotz EU-Mitgliedschaft große Probleme sichtbar sind; und im speziellen Fall der slowenisch-kroatischen Beziehungen vermutlich auch, dass Slowenien das Beitrittsverfahren geblockt hat, um Grenzstreitigkeiten zu klären mit Hilfe der EU."

Pyrka ist der Ansicht, dass bei einem Referendum weit mehr Kroaten mit Ja stimmen werden. Trotzdem werde die Regierung noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um eine klare Mehrheit für den Beitritt in Kroatien sicherstellen zu können.

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