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Svoboda zum Stand der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien

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Berichte Kroatien
Eigentlich wollte Kroatien die Beitrittsverhandlungen mit der EU bereits bis Jahresende abschließen. Von diesem Termin spricht aber niemand mehr – weder in Kroatien noch in der EU. Zu viele Probleme hat Kroatien noch zu bewältigen, und das in Zeiten einer massiven Wirtschaftskrise. Wie der neue Fahrplan für den Abschluss der Beitrittsverhandlungen nun aussehen könnte – darüber hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Hannes Swoboda, dem Berichterstatter des EU-Parlaments für Kroatien gesprochen – hier sein Bericht:

22 von insgesamt 33 Kapiteln haben die EU und Kroatien bereits vorläufig geschlossen und die übrigen 11 Kapitel sind alle eröffnet worden. Als die letzten 500 Meter eines Marathons sieht Ministerpräsidentin Jadranka Kosor die Endphase der EU-Beitrittsverhandlungen, die bereits fast fünf Jahre dauern. Zum Zeitpunkt eines möglichen Abschlusses der Gespräche sagt der Kroatien-Berichterstatter des EU-Parlaments Hannes Swoboda:

"Die ungarische Präsidentschaft hat vor, schon im März den Abschluss der Vertragsverhandlungen zu machen - ist sehr früh dieser Termin, aber es wäre möglich theoretisch in der ersten Hälfte des nächsten Jahres den Vertrag abzuschließen. Dann muss das europäische Parlament die Sache behandeln und die Zustimmung geben, und dann kann die Ratifizierung in den nationalen Parlamenten erfolgen. Also das Optimum wäre ein Vertragsabschluss in der ersten Hälfte des nächsten Jahres."

Um diesen Zeitplan einzuhalten hat die kroatische Regierung noch ein großes Arbeitspensum zu bewältigen. Zu den schwierigsten Kapiteln zählt der Wettbewerb, weil Kroatien dabei das Problem seiner defizitären Schiffswerften lösen muss, die 12.000 Mitarbeiter beschäftigen. Zu den Schiffswerften und anderen Problemen sagt Swoboda:

"Einerseits geht es um die Schiffswerften, die hoch subventioniert werden - da muss ein reiner Wettbewerb hergestellt werden. Das weiß auch die kroatische Regierung; sie will auch diese Subventionen nicht mehr zahlen, kann das auch nicht mehr; und zweitens, das ist das wichtigste, geht es um die Rechtsstaatlichkeit, um den Kampf gegen die Korruption, und das muss mit aller Konsequenz - unbeschadet der Personen - durchgeführt werden. Da sind sie auf gutem Weg, Vieles ist schon geschehen, doch das muss noch zu Ende geführt werden."

Nicht genug wäre es, würde Kroatien nur einige spektakuläre Korruptionsfälle bereinigen, in die prominente ehemalige oder aktive Politiker verwickelt sind, betont Swoboda. Als weiterer möglicher Stolperstein ist auch das Haager Tribunal noch nicht gänzlich vom Tisch. Zwei Jahre kritisierte Chefankläger Serge Brammertz Kroatien, weil es nicht bereit sei, die sogenannten Artillerietagebücher herauszugeben; sie sollten im Prozess gegen General Ante Gotovina als Beweis für mögliche Kriegsverbrechen dienen. Im Juni dieses Jahres befand ein Richtersenat des Tribunals, dass gar nicht sicher sei, ob all die geforderten Tagebücher überhaupt existieren. Diese Beurteilung entlastete zwar Kroatien; das in einigen Monaten zu erwartende Urteil im Fall Gotovina könnte in Kroatien und in der EU das Thema Tribunal wieder in den Vordergrund rücken. Dazu sagt Hannes Swoboda:

"Ich hoffe und vertraue darauf, dass das Gericht - anders als vielleicht der manches Mal jedenfalls übertriebene Kampf der Ankläger - ein moderates Urteil fällt; nämlich ein Urteil fällt, das auch wirklich gerecht wird den historischen Begebenheiten. Dort, wo Kriegsverbrechen stattgefunden haben, müssen sie geahndet werden; aber die Verteidigung eines eigenen Landes gegen einen Aggressor von außen darf nicht zum Gegenstand einer gerichtlichen Beurteilung oder Verfolgung werden. Wenn dieser Weg gefunden wird zwischen der Akzeptanz eines Verteidigungskrieges und der Verurteilung von konkreten Kriegsverbrechen, dann wird das Haager Tribunal auch dazu beitragen, diese Dinge in Kroatien vernünftig diskutieren zu können."

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