Interview mit Milan Bandic
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Berichte Kroatien
Als Mann aus dem Volke, als Macher und als künftiger erster Diener seines Staates präsentiert sich der graumelierte, mittelgroße Milan Bandic seinen Wählern. Seit zehn Jahren ist er Bürgermeister von Agram, und bei der Modernisierung der Stadt kann er durchaus auf beachtliche Erfolge verweisen. Außerdem wirbt er mit seiner Unabhängigkeit, denn Bandic wurde aus der Sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen, nachdem er seine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten bekanntgegeben hatte. Den Unterschied zu seinem früheren Genossen und Gegenkandidaten Ivo Josipovic beschreibt Milan Bandic so:
„Herr Josipovic ist ein guter Jurist und Universitätsprofessor, doch im praktischen Leben hat er nie gearbeitet. Das ist der Unterschied zwischen einem Menschen, der im Leben steht und einem Theoretiker. So habe ich das Projekt des europäischen Agram verwirklicht, während Herr Josipovic niemals etwas Praktisches gearbeitet hat."
Gemeinsam ist Bandic und Josipovic ihr klares Bekenntnis zur Europäischen Union. Die Beitrittsverhandlungen sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Als größte Herausforderungen auf dem Weg Richtung Brüssel sieht Bandic folgende Bereiche:
„Ohne Zweifel sind das die Reform und Entpolitisierung des Justizwesens sowie die Reform der staatlichen Verwaltung und die Abrechnung mit der bürokratischen Mentalität. Das müssen wir in den kommenden zwei Jahren durchführen, noch bevor wir den ernsthaften Schritt in die EU tun."
Gemeinsam ist Bandic und Josipovic auch ein unbestreitbarer Hang zum Populismus. So versprechen beide alles was gut, lieb und teuer ist, obwohl der Präsident in Kroatien vorwiegend protokollarische Funktion und somit relativ wenig Macht hat. Vordergründige Unterschiede gibt es im Verhältnis zu Slowenien. Josipovic stimmte im Parlament gegen das Schiedsgerichtsverfahren, das den Grenzstreit lösen soll. Bandic ist für das Verfahren, doch soll das Ergebnis in Kroatien in einem Referendum bestätigt werden; Milan Bandic:
"Am Ende sollen sich die Bürger äußern, ob sie das, was vereinbart wurde, tatsächlich unterstützen. Wir dürfen uns nicht vor der Meinung des Volkes fürchten, wenn es um die höchsten kroatischen Interessen geht, das sind die kroatische Erde und das kroatische Meer. Wenn gut verhandelt wurde, wenn wir nichts geopfert haben, dann gibt es keinen Grund, dass das Volk nicht Ja sagen wird."
Doch gerade ein Referendum in Kroatien und vor allem in Slowenien sollte durch die Art und Weise des Schiedsgerichtsverfahrens ausgeschlossen werden. Doch bis ein Ergebnis vorliegt, wird sich wohl kaum ein Kroate mehr daran erinnern, was Bandic und auch Josipovic im Wahlkampf alles versprochen haben. Einen klaren Unterschied in der außenpolitischen Schwerpunktsetzung gibt es jedoch zwischen beiden, und der ist durch die Herkunft bedingt. Josipovic wurde in Agram geboren, während Bandic aus einem kleinen Dorf in der Herzegowina stammt. Das Schicksal der bosnischen Kroaten, seiner treuen Wähler, ist für Bandic daher ein besonderes Anliegen:
"Zunächst müssen wir noch ein Mal versuchen, im institutionellen Rahmen des Friedensvertrages von Dayton zu einer Lösung und zu einer Revision von Dayton zu kommen. Dadurch soll die völlige Gleichberechtigung der Kroaten in Bosnien und Herzegowina garantiert werden. Für diesen Versuch bin ich. Wenn das nicht möglich sein sollte, dann wird es endgültig in Richtung einer Art dritten Entität gehen, ob wir das akzeptieren wollen oder nicht, denn dann wird es keine andere Lösung mehr geben."
Seinen ersten Auslandsbesuch als Präsident will Milan Bandic in Bosnien absolvieren; ob es dazu kommt, werden die Kroaten am Sonntag in der Stichwahl entscheiden.