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Spekulationen zum Parteiausschluss von Ivo Sanader

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Berichte Kroatien
Selten hat eine politische Karriere so rasch ein unrühmliches Ende gefunden wie im Fall des kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader. Von seinem Rücktritt als Regierungschef und Parteichef der konservativen HDZ bis hin zu seinem gestrigen Ausschluss aus der HDZ vergingen gerade sechs Monate. Auslöser für den Ausschluss war Sanaders Versuch in die Politik zurückzukehren und die Macht in seiner Partei wieder zu übernehmen, die ihn vor sechs Monaten zum Ehrenvorsitzenden gewählt hatte. Über Hintergründe und Spekulationen, die zu Sanaders Fall führten und bestehen, berichtet aus Zagreb unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Den tiefen Fall von Ivo Sanader führen politische Insider in Kroatien auf einen massiven Realitätsverlust des ehemaligen Politstars zurück. So ist Sanader nach seriösen Umfragen nun der unpopulärste Politiker in Kroatien und auch in der konservativen Wählerschaf, die das Rückgrat der HDZ bildet. Hauptursache dafür ist Sanaders nach wie vor ungeklärter Rücktritt, der ihm in Zeiten der tiefen Krise als Fahnenflucht ausgelegt wurde. Hinzu kommen zahlreiche Affären, die Sanader immer mehr ins Zwielicht rücken. Von Sanader selbst dementierte Provisionszahlungen der Hypo-Alpe-Adria-Bank sind dabei nur die geringsten Vorwürfe. Gerüchte sprechen von korrupten Praktiken beim Straßenbau, beim Teilverkauf des Erdölkonzerns INA, bei Kreditvergaben der kroatischen Postbank und auch von einem Stipendium, das Sanaders Tochter unter fragwürdiger Optik für einen Studienaufenthalt in den USA erhalten haben soll. Politische Insider rechnen daher schon relativ bald mit offiziellen Untersuchungen gegen Sanader, für den natürlich die Unschuldsvermutung gilt. Sein gescheiterter Versuch, an die Spitze seiner Partei HDZ zurückzukehren, wird jedenfalls auch dahingehend interpretiert, dass Sanader dadurch Ermittlungen habe behindern wollen. Für diese These fehlen ebenfalls Beweise und Sanader schweigt. Sicher ist, dass seine Nachfolgerin Jadranka Kosor durch den Parteiausschluss weiter an Autorität in Partei und Regierung gewonnen hat. Sie kann nun zeigen, dass es ihr mit dem Kampf gegen Korruption wirklich ernst ist. Stabilisiert hat sich durch den Parteiausschluss auch die Koalitionsregierung, und das ist im entscheidenden Jahr der EU-Beitrittsverhandlungen für Kroatien besonders wichtig.

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