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Kroatien und die Fortsetzung der EU-Gespräche

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Berichte Kroatien
Mit einer Regierungskonferenz in Brüssel werden die Beitrittsverhandlungen zwischen Kroatien und der EU wieder aufgenommen. Sie waren wegen des Grenzkonflikts mit Slowenien neun Monate blockiert. Slowenien verhinderte deshalb die vorläufige Schließung von fünf und die Öffnung von neun Kapiteln. Nach der vorläufigen Einigung zwischen beiden Ländern rechnet die kroatische Regierung damit, dass heute mehr als zehn der insgesamt 33 Verhandlungskapitel eröffnet und vorläufig geschlossen werden. Über den Stand der Beitrittsverhandlungen und die laufenden Vorbereitungen Kroatiens auf den EU-Beitritt berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die Ausgangslage vor der heutigen Regierungskonferenz sieht so aus: nach vier Jahren Verhandlungen haben Brüssel und Agram 7 der insgesamt 33 Kapitel vorläufig geschlossen und 22 eröffnet. Ziel Kroatiens ist es, bis Jahresende alle 33 Kapitel eröffnet und 20 bereits vorläufig ausverhandelt zu haben. Zu den Besonderheiten der kroatischen Beitrittsgespräche zählt das sogenannte Benchmark-Verfahren. Darunter versteht man Bedingungen, die Kroatien erfüllen muss, damit Kapitel eröffnet oder vorläufig geschlossen werden können. Bei 31 von 33 Kapiteln gibt es insgesamt 150 derartige Benchmarks. Was das etwa für die Öffnung des Kapitels Sozialpolitik und Beschäftigung bedeutet, erläutert Kroatiens Chefverhandler Vladimir Drobnjak so:

„Eine der Maßnahmen ist die Verpflichtung ein Arbeitsgesetz zu verabschieden; es muss völlig den Direktiven und dem Rechtsbestand der EU entsprechen, damit die EU-Kommission gegen dieses Gesetz keine Einwände mehr hat. Erst wenn das im Bundesgesetzblatt kund gemacht ist, wird die Maßnahme als erfüllt betrachtet.“

Weit schwieriger sind die Vorbedingungen, die Kroatien für die Öffnung des Kapitels Wettbewerb zu erfüllen hat. Hier fordert die Benchmark der EU die Privatisierung der sechs großen Schiffswerften, von denen fünf defizitär sind und vom Staat mit enormen Summen subventioniert werden. Dazu sagt Drobnjak:

„Kroatien hat mit den Privatisierungsverfahren begonnen, und wir erwarten, dass auch offiziell sehr rasch bestätigt wird, dass Kroatien alle Maßnahmen für das Kapitel Wettbewerb erfüllt hat. Die Öffnung dieses Kapitels erwarten wir noch im Laufe des Jahres.“

Insgesamt fordert der Weg Richtung EU von Kroatien massive Änderungen in der Verwaltung. So bestehen derzeit 600 landwirtschaftliche Interessensvertretungen, die nun durch eine Landwirtschaftskammer ersetzt werden sollen, um einen klaren Ansprechpartner bei den Verhandlungen zu haben. Hier dient Österreich ebenso als Vorbild wie beim Aufbau der sogenannten Zahlstelle; über sie werden die EU-Subventionen für die Landwirtschaft abgewickelt. Was diese Zahlstelle alles können muss, erläutert in Agram der österreichische Landwirtschaftsattache Christian Brawenz:

„Da braucht es eine ganze Menge an Voraussetzungen. Welche Feldstücke gibt es, die muss man mit Satellit kontrollieren können, die muss man in ein Computersystem hineingeben können, auf Knopfdruck muss erscheinen, wer hat wie viel Land, was wird wo angebaut; das ist ein relativ aufwendiges System zum Schutz natürlich auch der Steuerzahler. Niemand will, dass sozusagen in ein schwarzes Loch gekippt wird.“

Kroatien hofft jedenfalls, die EU-Verhandlungen bis Ende kommenden Jahres abschließen zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeiten etwa 1.500 Kroaten hauptamtlich an den EU-Vorbereitungen; dazu zählen auch viele Dolmetscher, die alle Texte ins Kroatische und ins Englische zu übersetzen haben.

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