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Optimismus im Grenzstreit zwischen Kroatien und Slowenien

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Berichte Kroatien
Seit neun Monaten blockiert Slowenien die EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien. Grund dafür ist der ungelöste Grenzstreit in der und um die Bucht von Piran. Alle Versuche der EU, einen Kompromiss zu vermitteln scheiterten bis zum Sommer. Doch nach dem Rücktritt des kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader am ersten Juli ist unter seiner Nachfolgerin Jadranka Kosor offensichtlich Bewegung in den Grenzstreit gekommen. Bereits nach ihrem ersten Treffen mit Sloweniens Ministerpräsident Borut Pahor bewerteten beide Seiten das Verhandlungsklima als ermutigend. Und im folgenden Exklusivinterview, das unser Balkan-Korrespondent Christian geführt hat, hofft Kosor sogar, den Streit mit Slowenien bis Jahresende beilegen und die EU-Beitrittsverhandlungen bis Mitte kommenden Jahres abschließen zu können:

Am ersten Juli und damit an ihrem Geburtstag präsentierte Ivo Sanader die 56-jährige Jadranka Kosor als seine Nachfolgerin. Der kroatischen Regierung gehört die ehemalige Radio-Journalistin seit sechs Jahren an. Zu ihren Kennzeichen gehören die kurzgeschnittenen grauen Haare und ihr besonnen wirkendes Auftreten. Starke Nerven braucht Kosor tatsächlich, denn sie übernahm das Amt des Regierungschefs in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Rar sind seit ihrem Amtsantritt Aussagen zum Grenzstreit mit Slowenien, obwohl einer ihrer ersten ausländischen Gesprächspartner der slowenische Ministerpräsident Borut Pahor war. Diese Zurückhaltung ist als Indiz für intensive Verhandlungen zu werten, räumt Jadranka Kosor ein:

„Ich habe die Gespräche mit Ministerpräsident Borut Pahor begonnen und sie laufen in die richtige Richtung. Es ist eine Atmosphäre des Vertrauens und einer gegenseitigen Wertschätzung geschaffen worden. Mehr kann ich darüber nicht sagen, weil wir vereinbart haben, so lange nicht in der Öffentlichkeit zu sprechen, solange wir nicht alle Standpunkte aufeinander abgestimmt haben. Doch ich bin überzeugt, dass wir in absehbarer Zeit die Sache abschließen können.“

Heißt das noch bis Jahresende? Jadranka Kosor:

„Ja, ich glaube, dass sich dieses Problem noch im Jahre 2009 lösen lässt; und wir werden alles geben, dass es wirklich dazu kommt. Tatsächlich ist nur eine sehr kleine Zahl an Personen eingebunden. Doch Ministerpräsident Pahor und ich haben einen Rahmen vereinbart innerhalb dessen sich die Verhandlungen bewegen.“

Was die EU-Verhandlungen betrifft, betont Kosor, dass Kroatien so getan habe, als gäbe es die slowenische Blockade nicht. Die Vorbereitungen auf den Beitritt seien intensiv weiter gelaufen. Daher könnten die Gespräche bis Mitte 2010 abgeschlossen werden, sagt Kosor:

„In dem Augenblick, wo die Blockade der Beitrittsverhandlungen endet, werden wir bereit sein, Kapitel schneller zu eröffnen und auch zu schließen. Ich bin sicher, dass wir genügend Energie und Willen dazu haben; alle Vorbereitungen sind im Laufen, und ich bin überzeugt davon, dass wir das Ziel erreichen werden, und zwar bis Mitte des kommenden Jahres.“

Diese Ansicht teilt auch Olli Rehn, der Kommissar, der in der EU für die Erweiterung zuständig ist. Worauf sich dieser Optimismus stützt, ist unklar. Das Kapitel Landwirtschaft ist noch gar nicht eröffnet, und beim Kampf gegen Korruption und bei der Justizreform bleibt noch mehrt als genug zu tun. Hinzu kommt, dass die Niederlande die Eröffnung des Kapitels Justiz blockieren; Grund dafür ist, dass der Chefankläger des Haager Tribunals, Serge Brammertz, Kroatien vorwirft, sogenannte Artillerietagebücher nicht herauszugeben; sie sollen nach Brammertz Ansicht belegen, dass Kroatien bei der Rückeroberung serbisch besetzter Gebiete eine Vertreibung der lokalen serbischen Bevölkerung geplant habe. Dazu sagt Jadranka Kosor:

„Wir haben wirklich sehr gründlich nachgeforscht, welche dieser sogenannten Artillerietagebücher bestehen müssten und auch tatsächlich angelegt wurden. Einige Papiere haben wir gefunden und sofort übergeben, während wir auch das Schicksal jener Dokumente geklärt haben, die wir nicht finden konnten. Denn es wäre für uns in dieser Phase der EU-Verhandlungen und nachdem die kroatischen Generäle in Den Haag sind, katastrophal, jetzt etwas zu verbergen, das uns auf dem Weg Richtung EU schaden könnte.“

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