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Kroatien und der Weg in die NATO

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Berichte Kroatien
Zum 60. Jahrestag der Gründung der NATO werden Ende der Woche Albanien und Kroatien als 27. und 28. Mitglied feierlich in die NATO aufgenommen. Beide Länder haben damit eines ihrer beiden großen außenpolitischen Ziele erreicht; das zweite ist der EU-Beitritt, der sich im Falle Kroatiens wegen des Grenzstreits mit Slowenien verzögern wird. Nach Slowenien ist Kroatien das zweite Land des ehemaligen Jugoslawien, das den Beitritt zur NATO erreicht hat, denn die Aufnahme Mazedoniens scheiterte am Namensstreit mit Griechenland. Was der NATO-Beitritt Kroatiens aus der Sicht der Regierung in Zagreb bedeutet und welche Herausforderungen dabei zu meistern waren, darüber hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Verteidigungsminister Borislav Vukelic gesprochen; hier sein Bericht:

Für Kroatien bedeutet der NATO-Beitritt einen großen Zuwachs an Sicherheit und einen weiteren Schritt zur völligen Stabilisierung des Balkan. Daher hofft Verteidigungsminister Borislav Vukelic, dass die anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawien diesen Weg so rasch wie möglich gehen können. Die ersten Kontakte zur NATO knüpfte Kroatien 1994; doch erst die politische Wende nach dem Tode des nationalistischen Staatsgründers Franjo Tudjman und die völlig Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal schufen die politischen Grundlagen für einen Beitritt. Hinzu kam die Reform der Streitkräfte; so vergingen vom Beschluss des Mitglieder-Aktionsplanes durch die NATO im Jahre 2002 bis zum Beitritt noch sieben Jahre. Dazu sagt Verteidigungsminister Borislav Vukelic:

"Man muss auch sagen, dass 2002 das Ende des Krieges erst sieben Jahre zurücklag. Das ist daher wirklich eine kurze Zeit, um vom Krieg und einer instabilen Lage zur Vorbereitung für die NATO-Mitgliedschaft zu gelangen. In dieser Zeit hat Kroatien sehr große Fortschritte gemacht; so hatten wir mehr als 40.000 Soldaten; heute haben wir etwa 20.000; dieses Personal haben wir abgebaut, ohne die Menschen um ihre Existenz zu bringen. So haben wir viele umgeschult für ein ziviles Leben, und das war eine große Anstrengung, die in diesen sieben Jahren unternommen wurde."

Bis Ende 2010 sollen noch weitere 1.200 Personen abgebaut werden. Ausgesetzt hat Kroatien mit Jänner 2008 die Wehrpflicht, um auf eine reine Berufsarmee umzustellen. Umworben werden vor allem junge Kroaten mit Universitätsabschluss; die ersten 250 wurden bereits aufgenommen; das Interesse sei jedenfalls groß, weil die Streitkräfte bereits Studenten viele Anreize böten, erläutert Branislav Vukelic:

"Studenten haben beträchtliche Vergünstigungen; dazu zählt nicht nur ein sicherer Arbeitsplatz nach Beendigung der Ausbildung; auch Unterbringung, Kost und Lehrbücher sowie ein Taschengeld bekommt er. Gerade in dieser Situation, in der es schwer ist, seinen Arbeitsplatz zu behalten und schon gar einen neuen zu finden, sind wir ein sehr attraktiver Arbeitgeber."

Der personellen Modernisierung der Streitkräfte dient auch die Teilnahme an internationalen Einsätzen. Bei 11 UNO-Missionen dienen kroatische Soldaten; dazu zählen 95 Mann am Golan unter österreichischem Kommando. Noch im April sollen kroatischen Soldaten auch im Kosovo zum Einsatz kommen; dazu sagt Verteidigungsminister Vukelic:

"Zum ersten Mal werden unsere Hubschrauber und bis zu etwa 20 Soldaten im Kosovo präsent sein. Das ist für uns ein besonders wichtiges Ereignis, denn es geht um ein Land in Südosteuropa und damit in unserer Region; so werden wir nun zum ersten Mal direkt an der Stabilisierung des Kosovo teilnehmen."

Mit 300 Soldaten ist Kroatien in Afghanistan vertreten, dieser Einsatz wird vor allem von den USA sehr positiv bewertet. Viele Kroaten haben noch Kriegserfahrung und derartige Truppen brauchen die USA gerade in Afghanistan. Dagegen lässt die Modernisierung von Waffen und Gerät noch sehr zu wünschen übrig, und das Verteidigungsbudget liegt unter den NATO-Vorgaben von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Doch eine Stärkung der Schlagkraft der NATO war durch die Beitritte Kroatiens und Albaniens nicht zu erwarten; Gestärkt wird aber die politische Stabilität am Balkan; das ist umso wichtiger, weil die EU-Integration dieser Region ohnehin noch Jahre auf sich warten lassen wird.

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