Interview mit Ivo Sanader über Kroatien nach der Wahl
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Bei der Parlamentswahl am Sonntag ist keine klare Entscheidung gefallen, wer Kroatien künftig regieren soll. Daher setzt noch in der Wahlnacht der Kampf um die öffentliche Meinung ein, auch um potentielle Koalitionspartner zu beeinflussen. Am erfolgreichsten war dabei die HDZ, und in den Zeitungen wurde Ministerpräsident Ivo Sanader als Sieger dargestellt. Diesen Umstand verdankt Sanader nicht nur dem Einfluss seiner Partei auf die Medien, sondern auch seinem ausgeprägten politischen Instinkt für mediale Inszenierungen, der den Sozialdemokraten fehlt. Daher stellt Ivo Sanader auch am klarsten den Führungsanspruch nach der Wahl:
„Das ist ein klarer Auftrag der kroatischen Wähler für die HDZ, das Land weiter zu führen. Denn der Unterschied von 10 Sitzen im Parlament ist ein sehr großer Unterschied, ein großer Erfolg, ein großer Sieg.“
Die HDZ verdankt ihren klaren Vorsprung vor allem den fünf Mandaten, die sie über die Stimmen der Auslandskroaten gewonnen hat; doch die HDZ braucht Koalitionspartner für die absolute Mehrheit, 11 Mandate fehlen. Eine Schlüsselrolle fällte dabei den Sozialliberalen mit ihren zwei Sitzen und vor allem ihrem Bündnispartner, der konservativen Bauernpartei HSS mit ihren sechs Mandaten zu, Ivo Sanader:
„Dass sind Parteien, die von der Weltanschauung her und von der politischen Position, vom politischen Spektrum, sehr ähnlich sind, und ich glaube, wir werden sehr bald ein Abkommen finden können für die neue Regierung.“
Doch gerade diese ideologische Nähe soll in der HSS massive Befürchtungen geweckt haben, binnen vier Jahren von der HDZ marginalisiert zu werden, wie das bei dieser Wahl einer anderen Rechtspartei wiederfahren ist. Daher soll es beträchtliche Widerstände, aber auch beträchtlich Druck aus der EDU, aus der Organisation der europäischen Volksparteien geben, mit der HDZ zu koalieren. Das bestreitet Sanader ebenso wie die in Kroatien weit verbreitete Befürchtung, Sonderinteressen der Kleinparteien, könnten nun die Reformen erschweren. Doch Sanader wirbt nicht nur um Parteien, sondern auch um die acht Abgeordneten der nationalen Minderheiten; drei davon entfallen auf die serbische Volksgrupe:
„Wir haben, wie sie wissen, im vorhergehenden Mandat, mit allen Minderheiten sehr gut zusammen gearbeitet, natürlich auch mit der serbischen Minderheit, und das wird auch fortgesetzt; ich habe auch damals der serbischen Minderheit einen Ministerposten angeboten, ich glaube, dass ist sehr reell auch für dieses Mandat.“
Zu seinen Zielen für eine mögliche zweite Amtszeit zählt Sanader:
„Den Lebensstandard zu erhöhen, und dann natürlich auch neue Arbeitsplätze zu schaffen, die Infrastrukturprojekte zu beenden und dann unsere Verhandlungen mit der EU und der NATO abzuschließen, und volles Mittglied dieser beiden Organisationen zu werden.“
Doch zunächst gilt es die Regierung bilden zu können; auch die SDP wirbt heftig um Koalitionspartner, und noch hat Staatspräsident Stipe Mesic nicht erkennen lassen, dass er Ivo Sanader mit der Regierungsbildung beauftragen wird:
„Ich glaube, dass wird sehr bald geschehen, denn der Auftrag der kroatischen Wähler ist klar, die HDZ sollte das Land weiter regieren , und der Staatspräsident hat bisher immer funktioniert als ein klarer Pfeiler der kroatischen Demokratie und er wird es auch dieses Mal tun.“
Sanader hofft, die Regierung noch vor Weihnachten bilden zu können. Und wann wird Kroatien die EU-Beitrittsverhandlungen abschließen:
„Wie der Erweiterungskommissar Olli Rehn vor ein paar Tagen gesagt hat, kann Kroatien die Verhandlungen im ersten Halbjahr 2009 abschließen, und ich glaube Olli Rehn hat eine sehr gute Einsicht in die Verhandlungslage, und er hat recht. Natürlich, wir werden uns bemühen, doch dazu gehört der zweite Partner, das ist die EU, ich bin sehr zuversichtlich.“