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Morgen wählt Kroatien ein neues Parlament Wehrschütz Mod

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Berichte Kroatien
In Kroatien wird morgen das Parlament gewählt – und noch nie war der Ausgang der Wahl so ungewiss. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der konservativen Partei HDZ unter Ministerpräsident Ivo Sanader und den oppositionellen Sozialdemokraten voraus. Beide Parteien dürfen mit 30 Prozent der Stimmen rechnen. HDZ und SDP schließen eine große Koalition aus; daher wird das Abschneiden der Kleinparteien eine wesentliche Rolle spielen. 52 Parteien treten an, doch nur 22 in allen 12 Wahlkreisen. Zu vergeben sind 140 Mandate, sowie acht Mandate für nationale Minderheiten und noch bis zu 10 Sitze für die Auslandskroaten. Wahlberechtigt sind knapp vier Millionen Bürger in Kroatien und 400.000 Kroaten im Ausland. Zentrale Themen des Wahlkampfs waren wirtschaftliche und soziale Fragen. Keine Rolle spielte die EU, denn über den angestrebten Beitritt besteht politischer Konsens. Die Gespräche mit der EU sollen bis 2009 abgeschlossen sein. Die kommende Regierung dürfte Kroatien daher in die EU führen. Vom Wahlkampf berichtet aus Kroatien unser Korrespondent Christian Wehrschütz:

Idemo dalje, "Weiter gehts, so lautet das Wahlkampfmotto der regierenden HDZ". Um dieses Ziel zu erreichen ruft Ministerpräsident Ivo Sanader zum Kampf um jede Stimme auf:

"Wir haben Kroatien bewegt und jetzt gehts weiter. Am 25. November steht Kroatien vor der Wahl. Jeder, der nicht uns wählt, stärkt automatisch die Linke, weil uns diese Stimme fehlt. Daher rufen wir alle Freunde auf, die sonst für eine andere Partei stimmen, dieses Mal der HDZ ihre Stimme zu geben, und für weitere Wahlen werden wir uns schon einigen. Jetzt ist es wichtig, zu siegen"

Spitz auf Knopf steht es zwischen der konservativen HDZ und der sozialdemokratischen SDP. Diese Polarisierung verstärkt den Trend zu einem Zwei-Parteiensystem. Stimmten bei der Parlamentswahl im Jahre 2000 etwa 50 Prozent für eine der beiden Großparteien, sollen es morgen bereits mehr als 60 Prozent sein. Doch diese Wählerwanderung findet praktisch nur innerhalb der beiden Blöcke statt. Am stärksten davon profitierte die SDP. Nach Angaben der Meinungsforscher konnte sie allein in diesem Jahr ihren Stimmenanteil um ein Drittel steigern und liegt nun gleich auf mit der HDZ. Die HDZ versuchte daher die Wahl zu einer Richtungsentscheidung zu stempeln, um so viele Wähler wie möglich zu mobilisieren. Ivo Sanader warnte daher mit Blick auf die SDP:

"Bei den Wahlen am 25. November müssen wir jenen Nein sagen, die sagen, dass man den Religionsunterricht abschaffen muss. Was stört sie der Religionsunterricht?! Das letzte Mal ist der Religionsunterricht 1948 abgeschafft worden, in der Zeit der Komintern, der härtesten Ära der kommunistischen Tito-Diktatur in Jugoslawien. Und niemals wieder wird der Religionsunterricht abgeschafft werden."

Diesen Vorwurf wies die SDP zurück; trotzdem bezog die katholische Kirche klar Stellung zugunsten der HDZ; das kommentiert SDP-Vorsitzender Zoran Milanovic so:

"Die Bischöfe haben das Recht, den Menschen zu empfehlen, wen sie wählen sollen. Doch das geschieht auf eigenes Risiko; auf diese Weise stoßen sie hunderttausende Katholiken vor den Kopf, die die SDP wählen. Das ist die falsche Botschaft, wie auch ein anderes Beispiel zeigt. Es gibt einen Militärbischof, der Teil der Streitkräfte ist, das Gehalt eines Generals bezieht, dessen Kosten der Staat abdeckt, der am vom Vatikan ernannt wird und diesem verantwortlich ist. Ist das im Geiste eines weltlichen Staates? Und dieser Militärbischof hat sich in den Wahlkampf eingemischt und klar gegen die SDP Stellung bezogen, das ist nicht akzeptabel."

Schließlich griff auch der Vatikan ein, und rief die Bischöfe zur Zurückhaltung auf. Trotzdem ist dieses ideologische Schattenboxen nicht über zu bewerten; beide Lager haben einen starken Trend zur Mitte und im Wahlkampf waren die von der HDZ angepriesenen Erfolge ebenso zweifelhaft wie die programmatischen Vorschläge der SDP:

"Der Unterschied zwischen HDZ und SDP, der sehr wichtig war, ist verloren gegangen durch die Mäßigung der HDZ. So ist die SDP nun eine rein moralisierende Opposition nach dem Motto: Ihr ward korrupt, denn ihr ward an der Macht; wir sind nicht korrupt, denn wir waren nicht an der Macht und konnten daher gar nicht korrupt sein. Wählt uns, wir sind anständig, und das ist die Basis ihres Programms."

…analysiert in Agram der Philosoph Zarko Puhovski. Doch gerade der weitverbreitete Wunsch nach weniger Korruption könnte der SDP den Sieg bringen, wenn ihr nicht doch noch die Auslandskroaten einen Strich durch die Rechnung machen. Die SDP will ihr Wahlrecht abschaffen, daher sind die Auslandskroaten eine sichere Bank für die HDZ. Sollten beide Parteien nach der Wahl im Parlament fast gleich starksein, fällt den Kleinparteien und den Abgeordneten der nationalen Minderheiten die Schlüsselrolle zu. Sie werden hoch pokern, die Koalitionsverhandlungen könnten somit lange dauern.

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