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Kroatien und General Ante Gotovina

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Berichte Kroatien
Ratko Mladic, Radovan Karadjic und Ante Gotovina, zwei bosnische Serben-Führer und ein kroatischer General – das waren die meistgesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher des Haager Tribunals. Einer vorn ihnen, der Kroate Ante Gotovina, kann nun von der Liste gestrichen werden, denn seit Mittwoch ist er in Haft. Festgenommen wurde der General in einem Hotel in Teneriffa auf den Kanarischen Inseln. Die Festnahme gab die Chefanklägerin des Haager Tribunals, Karla Del Ponte, gestern bei ihrem Besuch in Belgrad bekannt. Angesichts des „genius loci“ glaubt am Balkan niemand an Zufall. Denn Serbiens Regierung hat bisher weder Mladic noch Karadjic dingfest machen können, und so stellte Karla Del Ponte Kroatien denn auch als Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal dar. Über die Reaktionen aus Kroatien berichtet nun unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

„Gotovina verhaftet“, das ist die fest einheitliche Schlagzeile aller Tageszeitungen in Kroatien, die aus gegebenem Anlass als Sonderausgaben gedruckt wurden. Weit weniger einheitlich als die Schlagzeilen fiel dagegen die Reaktion der Bevölkerung etwa in Zagreb aus:

„Echte Patrioten verteidigen ihre Heimat überall, auch vor Gericht. Schade, dass es so geendet hat, doch ich bin froh, dass bewiesen wurde, dass er nicht in Kroatien war, weil uns die EU und vor allem Großbritannien deswegen zwei Jahre unter Druck gesetzt hat.“

„Ich bin überrascht. Ich habe nicht gedacht, dass sie ihn finden.“

„Mir tut das im Herzen weh; traurig war ich, als ich das heute gehört habe.“

Diese Trauer veranlasste einige tausend Kroaten zu Proteste, die jedoch friedlich verliefen. Politisch unterstützt wurden diese Proteste nur von einer nationalistischen Partei, während die meisten Politiker Gotovinas Verhaftung als Bestätigung für die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal werteten. Trotzdem ist eine gewisse Sorge unverkennbar, die auch aus der Stellungnahme herauszuhören ist, die Ministerpräsident Ivo Sanader im Parlament in Zagreb abgab:

„Die Herrschaft des Rechts bedeutet, dass niemand über oder außerhalb des Gesetzes stehen kann. In diesem Sinne muss sich jeder Angeklagte verantworten; doch für jeden gilt auch, und das sage ich sehr klar, die Unschuldsvermutung. Sie gilt auch für General Ante Gotovina. Wir in Kroatien sind an der umfassenden Wahrheit interessiert. Denn die objektive Wahrheit besteht darin, das der vaterländische Krieg ein Befreiungs- und Verteidigungskrieg und daher legitim und gerecht war. Kroatien war das Opfer der großserbischen Aggression, Kroatien hatte das Recht sich zu verteidigen und sein Territorium zu befreien. Das sind unleugbare Wahrheiten, die niemand zerstören kann.“

Denn Ante Gotovina wird vom Hager Tribunal angeklagt, für die Vertreibung von 150.000 Serben und für den Tod von 150 Serben verantwortlich zu sein. Diese Verbrechen soll der General bei der Rückeroberung der Krajina vor 10 Jahren begangen haben, die den Krieg in Kroatien beendete. Für Zagreb geht es daher darum, dass mit dem bevorstehenden Prozess gegen Gotovina nicht auch der als gerecht empfundene Krieg an den Pranger gestellt wird. Doch diese Tatsache ist international weit weniger umstritten als die Frage, wo sich der General in den vier Jahren seiner Flucht aufgehalten hat. So behauptete Karla Del Ponte auch gestern, dass Gotovina bis September in Kroatien gewesen sei, eine Darstellung die die Regierung Kroatiens stets bestritten hat. Auskunft darüber konnten auch die kroatischen Medien nicht geben; klar ist somit nur zweierlei: erstens hat Kroatien nun auch den letzen offenen Fall gegenüber dem Hager Tribunal geklärt und kann daher die Beitrittsgespräche mit der EU unbelastet führen. Zweitens erhöht das kroatische Beispiel den Druck auf Serbien und die bosnischen Serben, die beiden letzen großen Fälle – Mladic und Karadjic – so rasch wie möglich zu lösen.

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