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Debatte um Entschädigung der Donauschwaben

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Berichte Kroatien
„Danke Österreich“ – titelten die kroatischen Medien als im Oktober die EU auch dank massiver österreichischer Unterstützung Beitrittsverhandlungen mit Kroatien aufnahm. Dass Dankbarkeit auch in Kroatien keine politische Kategorie ist, zeigte jüngst Staatspräsident Stipe Mesic. Er sprach sich unmissverständlich gegen ein Abkommen aus, das die Ansprüche entschädigter deutscher Altösterreicher regeln soll. Diesen Vertrag hat die Regierung in Zagreb mit der Bundesregierung in Wien ausgehandelt. Die Unterzeichnung soll demnächst erfolgen, doch wann und ob das Abkommen je in Kraft tritt ist fraglich, weil dazu im Parlament in Zagreb eine Zwei-Drittelmehrheit erforderlich ist. Über die Hintergründe des Vertrages und die aktuelle Diskussion hat Christian Wehrschütz mit der kroatischen Justizministerin Vesna Skare Ozbolt gesprochen und folgenden Bericht gestaltet:

Im Königreich Jugoslawien waren die Deutschen die größte nationale Minderheit. Allein in Kroatien lebten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 150.000 Donauschwaben, die 1944/45 vertrieben und ebenso wie viele Kroaten enteignet wurden. Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Jugoslawien beschloss die Regierung in Zagreb 1996 ein Entschädigungs-gesetz, das nur für kroatische Staatsbürger galt. 1999 sprach sich der Verfassungsgerichtshof dafür aus, das Recht der Restitution auch auf Ausländer auszudehnen. Drei Jahre später novellierte das Parlament in Zagreb das Entschädigungsgesetz und Verhandlungen mit Österreich aber auch mit Italien begannen. Ein entsprechendes Abkommen war im September dieses Jahres unterschriftsreif. Zum vorgesehenen Entschädigungszeitraum und zum Personenkreis sagt die kroatische Justizministerin Vesna Skare-Ozbolt:

„Dieser Vertrag, den wir mit Österreich praktisch vereinbart haben, deckt jene Ära ab, die die beiden vorhergehenden Vereinbarungen nicht abgedeckt haben; diese Vereinbarungen hat das ehemalige Jugoslawien im Jahre 1955 und 1980 mit Österreich geschlossen. Daher regelt dieser neue Vertrag aus dem Jahr 2005 noch diese kleine Gruppe an Fällen, die bisher nicht erfasst wurden, und das ist daher die letzte Vereinbarung.“

Angesichts dieser und anderer Einschränkungen erwartet der Vertreter der deutschen Altösterreicher im Parlament in Zagreb, Nikolaus Mack, keine massenhaften Anträge. Nikolaus Mack:

Diese Einschätzung bestätigt auch Justizministerin Skare-Ozbolt:

„Eingelangt sind bisher etwa 440 Anträge; generell werden vor allem Geschäftsräume und Landwirtschaft zurückverlangt allerdings in sehr kleiner Zahl. Man wird sehen, wie viele Anträge tatsächlich gerechtfertigt sind. Nach unserer Erfahrung sind das keine großen Beträge.

Doch Verfahren können erst dann beginnen, wenn Vertrag tatsächlich ratifiziert; wann und ob es dazu kommt ist offen. Denn der kroatische Staatspräsident Stipe Mesic kritisierte jüngst das Abkommen scharf und löste damit eine heftige Debatte in Kroatien aus. Widerstand regt sich allerdings nicht nur in der Opposition. Auch in der Regierungspartei HDZ von Ministerpräsident Ivo Sanader soll es Vorbehalte geben. Zu dieser Auseinandersetzung sagt Justizministerin Vesan Skare Ozbolt:

„Das sind eine Art politischer Wettbewerb und politische Spielchen, die mehr dem innenpolitischen Gebrauch dienen, natürlich zum Schaden Kroatiens im Ausland. Doch im Unterschied vielleicht zur Vorgängerregierung ist diese Regierung standhaft, was Glaubwürdigkeit und Rechtssicherheit betrifft.“

Sicher ist jedenfalls, dass das Abkommen auch in Kroatien nicht gerade populär ist, wie Meinungsumfragen zeigen. Das hat weniger mit Österreich als mit der befürchteten Beispielswirkung zu tun. Denn über Entschädigungsansprüche wird Kroatien auch mit Slowenien, den USA und Israel zu verhandeln haben. Die Regierung will jedenfalls am Abkommen mit Österreich festhalten; offen ist jedoch, wann es dem Parlament zur Ratifizierung vorgelegt wird, denn die erforderliche Zwei-Drittelmehrheit ist derzeit nicht gegeben.

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