× Logo Mobil

Karla Del Ponte und ihre kroatische Enttäuschung

Radio
FJ7
Berichte Kroatien
Das Tauziehen um den Beginn der Beitrittsgespräche zwischen den EU und Kroatien geht weiter. Auch der gestrige Besuch von Karla Del Ponte, der Chefanklägerin des Haager Tribunals, in Zagreb hat noch keine Klarheit gebracht. Denn Del Ponte hat anschließend noch keine endgültige Bewertung über die Zusammenarbeit zwischen dem Haager Tribunal und Kroatien abgegeben. Stolperstein für den Beginn der Verhandlungen mit der EU ist der letzte, noch offene Fall. Er betrifft General Ante Gotovina, der seit mehr als drei Jahren flüchtig ist, und von Den Haag wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen gesucht wird. Wegen Gotovina hat die EU schon zwei Mal den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien verschoben. Über den Besuch von Karla Del Ponte in Zagreb und die Chancen Kroatiens berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte – dieses Sprichwort gilt auch für die Chefanklägerin des Haager Tribunals Karla Del Ponte; nach ihrem Gespräch in Zagreb mit Staatspräsident Stipe Mesic und Ministerpräsident Ivo Sanader war Del Ponte ihre Enttäuschung und Unzufriedenheit deutlich anzumerken. Das war jedenfalls der einhellige Tenor aller anwesenden Journalisten. Die Chefanklägerin war äußerst wortkarg und sagte, sie sei enttäuscht, dass General Ante Gotovina noch immer in Freiheit sei. Del Ponte räumte jedoch ein, dass es bei der Zusammenarbeit zwischen Den Haag und Zagreb in den vergangenen Monaten positive Entwicklungen gegeben habe. An diese Bewertung knüpft sich auch der gedämpfte Optimismus, den Vertreter der EU bei Mesic und Sanader bemerkt haben wollen, die mit den beiden Politikern nach dem Gespräch mit Karla Del Ponte zusammengetroffen sind. Trotzdem dürften sich Sanader und Mesic eine positivere Bewertung erwartet haben, spekuliert jedenfalls heute die kroatische Presse, die beiden Politikern ebenfalls eine gewisse Enttäuschung attestiert. Trotzdem schätzt die Tageszeitung Vecernije List in ihrer heutigen Ausgaben die Chancen Kroatiens auf einen Beginn der Beitrittsgespräche mit der EU auf 70 Prozent ein. Ob diese Sicht der Dinge zu optimistisch ist, wird sich am Montag weisen. Denn Del Ponte hat ihre Entscheidung offensichtlich noch nicht getroffen. Dafür spricht, dass sie gestern auch zu keinem Treffen mit den Botschaftern der EU-Staaten in Zagreb bereit war. Am Montag wird Del Ponte jedenfalls vor der entscheidenden Sitzung der EU-Außenminister in Luxemburg mit der so genannten Kroatien Task Force sprechen. Dieser Gruppe gehören Österreich, Finnland, Großbritannien sowie der EU-Kommissar Rehn und Havier Solana an, der für die gemeinsame Außenpolitik der EU zuständig ist. Dabei wird Karla Del Ponte ihre Stellungnahme zu Kroatien abgeben. Zwar ist zweifelhaft, dass Del Ponte Kroatien eine volle Zusammenarbeit bescheinigen wird, doch ihre Bewertung könnte immerhin positiv genug ausfallen, um den Weg für Beitrittsgespräche zu ebnen, für deren Aufnahme sich vor allem Österreich vehement einsetzt. Denn diese Verhandlungen können jederzeit unterbrochen werden, sollten Brüssel und Den Haag mit den Anstrengungen Kroatiens unzufrieden sein, Ante Gotovina zu finden. Zagreb beteuert alles zu tun, um den flüchtigen General aufzuspüren, der jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in Kroatien sei. Doch diese Behauptung stößt bei vielen EU-Staaten auf ebenso große Skepsis wie die Behauptung Belgrads der mutmaßliche bosnisch-serbische Kriegsverbrecher Ratko Mladic, sei nicht in Serbien. Trotzdem war die EU bereit, grünes Licht für den Beginn der Gespräche über ein Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen mit Belgrad zu geben, das jedoch nur eine Vorstufe zu Beitrittsverhandlungen ist. Den erfolgreichen Abschluss dieser Gespräche hat die EU auch mit der Bedingung verknüpft, Belgrad müsse eine entscheidende Aktion unternehmen, die Ratko Mladic und Radovan Kardjic nach Den Haag führen solle. Ob eine ähnliche Formulierung für Ante Gotovina und Kroatien den Beginn der Beitrittsgespräche zwischen Brüssel und Zagreb frei machen kann wird am Montag von Karla Del Ponte und dem Kräfteverhältnis in der EU abhängen.

Facebook Facebook